Knaller an der Zeitungsfront

Wednesday, July 25, 2007

mücke, du sau! (taz)

mücke, du sau!
Ja, dich meinen wir, Mücke, die du uns in der Nacht zum Dienstag sagenhafte 17 Stiche auf das linke Bein, auf beide Arme und auf den Hintern...
Ja, dich meinen wir, Mücke, die du uns in der Nacht zum Dienstag sagenhafte 17 Stiche auf das linke Bein, auf beide Arme und auf den Hintern versetzt hast. Wären wir Buddhisten, würden wir dich loben, aber so können wir dich nur warnen. Du kannst von Glück sagen, dass wir dich nicht bereits erwischt haben in dem Moment, als wir völlig zerstochen aufwachten und dein Summen hörten. Wahrscheinlich, verdammte Mücke, hast du nur grinsend und vollgesogen mit rund drei Litern unseres kostbaren Blutes neben dem Bett gesessen und abgewartet, bis wir wieder eingeschlafen sind und du weitermachen konntest mit deinem vampiresken Feldzug. Mücke! Vermutlich warst du in deinem letzten Leben Sachbearbeiter beim Finanzamt. Anders lässt sich deine Fähigkeit, uns bis auf den letzten Tropfen auszusaugen, nicht erklären. Doch in diesem Leben wirst du keine zweite Chance bekommen. Wag dich nicht nochmal an uns heran! Neben dem Bett liegt jetzt eine dicke Klatsche, gerollt aus unserer Steuererklärung, mit der wir tagsüber auch schon geübt haben. Mücke, du Sau, wir kriegen dich!

Ballade von der Labortechnischen Assistentin (taz)

26.07.2007
die wahrheit
Ballade von der Labortechnischen Assistentin
Ballade von der Labortechnischen Assistentin / die umsattelte und so das Glück fand / Der Leistungssportler? Voll verlogen! VON FRITZ ECKENGA

Ballade von der Labortechnischen Assistentin,
die umsattelte und so das Glück fand

Der Leistungssportler? Voll verlogen!
Hat sich alles reingezogen.
Log, bis sich die Balken bogen:
Nee, ich nehme keine Drogen.

Weiß ja jeder, dass ers tat.
Nur mit vier Pfund Obstsalat,
die er in den Beinen hat,
fährt er niemals so schnell Rad.

Ham doch alle Dreck am Stecken.
Kämn doch alle nicht vom Flecken.
Ob auf Laufbahn, ob im Becken,
alle würden sie verrecken

oder sich total verspäten,
wenn sie sich nicht spritzen täten
in die Muskeln, in die Gräten.
Platzen doch aus allen Nähten.

Pfeifen aus dem letzten Loch.
Kuckt nur hin, dann seht ihrs doch:
Einem suppt das Epo noch
aus der Ader, die er stoch.

Wie man so mutieren kann.
Schaut euch diese Monster an.
Sind ja weder Frau noch Mann.
Starten für Testosteran.

Die Visagen voller Pickel.
Dopingpflaster am Testikel.
Sehn nicht aus wie Scherzartikel,
sondern wie Laborkarnickel.

Und am End der Nahrungskette
hängt die LTA, die nette,
in der Linken Zigarette,
rechts die Pipi-Prüf-Pipette.
Hadert mit dem Missgeschick.

Hat das Gelbe stets im Blick
und den Job schon lange dick.
Testet täglich zehn Kubik.

Blinzelt in das Neonlicht.
Zieht nach der Zwölfstundenschicht,
Atemmaske vom Gesicht
und beschließt: Ich will das nicht!

Will mich nicht damit begnügen,
diesen Menschen zu genügen.
Menschen tricksen, Menschen lügen,
Menschen fixen und betrügen.

Menschen raffen, Menschen gieren.
Wahre Unschuld wohnt in Tieren.
Will mich künftig engagieren,
nur bei Reit- und Springturnieren.

Pferde sind seitdem ihr Glück.
Prüft jetzt fünfhundert Kubik.

Alles zurück auf Anfang (taz)

26.07.2007
Schrift
die wahrheit
Tour de France
Alles zurück auf Anfang

Wie die Organisation der Radrennfahrer bei der Tour de France am Mittwoch mitteilte, wollen die Fahrer heute ein deutliches Zeichen setzen gegen das Doping im Radrennsport. Um die Öffentlichkeit aufzurütteln, hätten sich die Fahrer entschlossen, ab heute die bislang bewältigte Tour-Strecke wieder zurückzufahren. Das wäre ein kraftvolles Symbol für die Umkehr im Radrennsport, erklärte ein Fahrer. Demzufolge würde die Tour de France nicht wie gewohnt auf den Champs-Élysées in Paris enden, sondern zum ersten Mal in der Tour-Geschichte in London. Dort war die Tour am 7. Juli 2007 gestartet worden. Die erste Etappe der "Re-Tour", wie das berühmteste Radrennen der Welt nun genannt wird, startet heute auf dem Col dAubisque und führt nach Orthez. Es folgen 15 weitere Etappen durch Frankreich, Belgien und Großbritannien. Allerdings haben sich bisher erst acht Fahrer bereit erklärt, an der "Re-Tour" teilzunehmen. Die übrigen Fahrer wollen wohl doch nach Paris weiterfahren. Ob es auch künftig eine Teilung in Tour und Re-Tour de France geben wird, ist bislang ungeklärt.

Doping ist Sport (taz)

Doping ist Sport
Die Fahrer der Tour de France sind als Teil eines irrwitzigen Leistungssystems bereit, beinahe jedes Risiko einzugehen. VON ANDREAS RÜTTENAUER
Kaum waren die ersten Zweiräder auf dem Markt, begannen die Menschen mit ihnen um die Wette zu fahren. Um 1890 waren Radrennen gern besuchte Events in den Parks der großen Städte. In Deutschland war das wie in vielen anderen Ländern nicht nur verpönt, sondern auch verboten. Denn von Anfang an ging es um Prämien. Die Zuschauer wetteten auf die Helden, die Rennhunden gleich um die ersten planierten Bahnen gehetzt wurden. Die Fahrradindustrie zahlte die ersten Gehälter. Und schnell wurde die Szene pervers. 1896 fand in New York das erste Sechstagerennen statt. Ohne Pause fuhren die Profis damals 6 mal 24 Stunden im Kreis. Einer der ersten Stars der Szene war der Deutsche Walter Rütt. Sein größtes Problem war es, nicht über den Lenker gebeugt einzuschlafen. Darauf achteten die Manager der Fahrer. "Die wussten genau", so berichtete Rütt einst, "wie schwer es ist, einen Fahrer, der am sechsten Tag einschläft, wieder wach zu bekommen." Die Fans waren fasziniert. 1909 gab es in Berlin die ersten Sixdays. Es war der Beginn einer Erfolgsgeschichte, die gepflastert ist mit Berichten von Fahrern, die, aufgrund der Anstrengungen zitternd vom Rad gestiegen, regelrecht ausrasteten und oft erst Tage später wieder zu sich fanden.

Am 21. Juli 2007 humpelt ein in Himmelblau gekleideter Blondschopf in Richtung Siegerehrung im südfranzösischen Albi. Alexander Winokurow kommt kaum die Treppen zum Podest hinauf, um von dort die Huldigungen der Fans entgegenzunehmen. Der Kasache hat gerade das erste Einzelzeitfahren der diesjährigen Tour de France gewonnen. Gehen kann er so schlecht, weil er zu Beginn der Rundfahrt schwer gestürzt war. Tiefe Fleischwunden an beiden Knien mussten über Nacht genäht werden. Auch die Abschürfungen an Gesäß und Ellenbogen konnten ihn nicht davon abhalten, am Tag darauf wieder aufs Rad zu steigen. Die Fans am Straßenrand feuerten ihn an wie kaum einen Zweiten im Peloton. Winokurow litt und wurde dafür geliebt. Christian Prudhomme, der Tour-Chef, der so gerne mit markigen Worten das Doping verteufelt, um dann doch einen windelweichen Kurs zu fahren, bezeichnete im Vorfeld das Leiden als Essenz des Mythos Tour de France. Die Liebe der Fans währte bis zum vergangenen Dienstag. Von da an konnte die Rührung des heulenden Kasachen über seinen zweiten Etappensieg am Montag keine Emotionen mehr auslösen. Der Held hat gedopt, sich Transfusionen mit fremdem Blut verabreichen lassen. So schlich er sich durch den Hinterausgang des Hotels und ward nicht mehr gesehen.

Gestern rollte das Peloton weiter durch die Pyrenäen. Und wieder bewiesen die verbliebenen Helden, dass sie schaffen, was eigentlich nicht menschenmöglich ist. Hunderte von Autos begleiteten die Fahrer auf ihrem Weg durch die Berge, vollgepinselt mit Sponsorenlogos. Immer schneller wird die Tour, die Fahrer werden von den Geldgebern die Berge regelrecht hinaufgejagt. Am Straßenrand stehen die Fans und winken mit Wimpeln, die die Finanziers der Szene haben verteilen lassen. Auch der Jubel ist gekauft. Die Fahrer nehmen die Herausforderung an, sind als Teil eines irrwitzigen Leistungssystems bereit, beinahe jedes Risiko einzugehen. Sie bereiten sich vor. Mit Training allein schaffen sie es nicht, den Erwartungen gerecht zu werden. Das wissen sie. Sie tunen ihre Körper mit allen verfügbaren Mitteln. Fast alle Toursieger haben es so gehalten. Die italienische Radsportlegende Fausto Coppi genauso wie die Seriensieger Eddy Merckx oder Lance Armstrong. Der Tod von Tom Simpson, der, randvoll mit Amphetaminen, 1967 beim Anstieg zum Mont Ventoux tot vom Rad fiel, war da nicht mehr als ein Betriebsunfall. Die nächsten Helden standen schnell bereit, ließen sich von den Sponsoren auf die Schulter klopfen und warfen ihren Anhängern im Zielraum Kusshändchen zu.

Alexander Winokurow ist 33 Jahre alt. Er ist gescheitert. Seit 1998 ist er Teil des Systems. Da unterschrieb er seinen Profivertrag. Zunächst, so hat er gesagt, sei er staunend über das hohe Niveau am Ende des Feldes geradelt. Doch schnell hat er begriffen, was von ihm verlangt wird. Der Profi Winokurow begann professionell zu arbeiten. Mit den ersten Erfolgen in Kasachstan startete sein Aufstieg zum Nationalheros, begann der große Reibach. Er wechselte zum deutschen Team Telekom. Und fand Ratlosigkeit vor. Die Zeit des hemmungslosen Epo-Dopings war vorbei, seit das Mittel durch Kontrollen nachweisbar geworden war. Winokurow gewann viel, doch es war nicht genug. Die Erwartung einer ganzen Nation im Rücken, nahm er sich vor, noch mehr zu leisten. Er heuerte bei einem spanischen Team an, nahm die Verantwortung als Teamkapitän an. Das Tuning in seiner Mannschaft leitete Eufemiano Fuentes, der mit seinen Blutbeuteln bestens an der Szene verdiente. Als er aufflog, stand Winokurow ohne Mannschaft da. Er selbst hat sich auf die Suche nach neuen Sponsoren gemacht und ist in seiner Heimat fündig wurde. Der gehetzte Profi hat sich seinen Jäger selbst ausgesucht. Danial Achmetow, Verteidigungsminister Kasachstans, hielt Winokurows Traum am Leben und hat für vier Jahre jeweils 12 Millionen Euro bei sieben kasachischen Konzernen lockergemacht und in das Team Astana gesteckt. Das an Uran-, Zink, Kupfer-, Stahl- und Ölvorkommen reiche Land wählte sich Alexander Winokurow als Botschafter. Er hat getan, was von ihm erwartet wurde. Er hat seinen Körper, sein Blut an die Szene verkauft. Fremdes Blut floss in seinen Adern, als er am Samstag zur Bestzeit raste. Er hat gelitten, war ein Held. Nach seinen zwei Etappensiegen hat er echte Tränen vergossen. Er ist den Erwartungen gerecht geworden. Dann hat er einen Fehler gemacht. Er hat sich erwischen lassen.

Seit 1903 gibt es die Frankreichrundfahrt. Von Anfang an war sie eine kommerzielle Veranstaltung. Sie wurde als Werbeschleife für die Zeitung LAuto gegründet. Mehr als 100.000 Pariser empfingen den ersten Gesamtsieger Maurice Garin. Der hatte als erster Straßenfahrer überhaupt eine Strecke von knapp 2.500 Kilometern zurückgelegt. 60 Profis waren am 1. Juli angetreten, um die erste Etappe von Paris nach Lyon über 467 Kilometer in Angriff zu nehmen. Noch waren die Prämien nicht allzu hoch. Doch das änderte sich schnell. Denn die Veranstaltung erwies sich als Erfolg für den ausrichtenden Verlag. Das Publikum begeisterte sich vor allem deshalb für die Tour, weil die Fahrer schier Übermenschliches zu vollbringen schienen.

Es dauerte nicht lange, da schickte man die Profis über die Pässe der Alpen und der Pyrenäen. Die Fahrer erkannten, dass sie nur dann zu Helden werden können, wenn sie zu den Besten der Gesamtwertung zählen. Und auch wenn an den Ruhetagen so manches Glas Rotwein geleert wurde, die Zeit der Drogendrinks begann schon in den 30er-Jahren. Die Betreuer mixten irrwitzige Cocktails für die Radler und scheuten nicht davor zurück, diese mit Kokain, Strychnin, Äther oder Morphium zu versetzen. So wurde die Schmerzgrenze der Fahrer nach oben gesetzt. Die Leistungen explodierten.

TOUR-APOTHEKE (14)FREMDBLUT: Blut, Schweiß und Tränen, das ist die Tour de France. Seit einigen Jahren ist vor allem das Blut in den Blickpunkt gerückt. Die Nachrüstung im Aderngeflecht durch Transfusionen ist schon in den 70er-Jahren immer wieder praktiziert worden. Aber erst seit 1988 ist diese Praxis als Dopingmethode verboten.

Blutdoping - ob mit fremdem oder mit eigenem Blut - hat immer das gleiche Ziel: Der ganz besondere Saft soll durch zusätzliche rote Blutkörperchen angereichert werden, um mehr Sauerstoff transportieren zu können und damit die Muskeln bei Höchstleistungen besser zu versorgen. Auf 10 bis 15 Prozent Leistungszuwachs schätzen Experten den erzielten Effekt. Blutdoping ist wie Höhentraining, geht aber viel schneller, ist preiswert, längst nicht so anstrengend und bringt eine schlagartige Leistungsverbesserung.

Nachdem die spanische Polizei in den Kühlschränken des Doktor Fuentes eine prächtige Blutbeutelsammlung von mehr als 40 Fahrern entdeckt hatte, ist diese Quelle des Eigenblutdopings versiegt. Seitdem sind die Radprofis wieder auf andere Quellen angewiesen. Und sie greifen offenbar verstärkt auf freundliche Angebote fremder Spender zurück. Dieser Spender muss dieselbe Blutgruppe und denselben Rhesusfaktor haben.

Seit 2004 ist allerdings eine neue Nachweismethode für Fremdblut bei den Dopingkontrollen verfügbar. Dabei werden körperfremde Antigene auf den Zellmembranen der roten Blutkörperchen aufgespürt. Jeder Körper hat hier sein eigenes unverwechselbares Antigenprofil.

Obacht: Schon beim Eigenblutdoping sind die Risiken gewaltig. Die Blutbeutel müssen sorgfältig gekühlt, sie dürfen nicht zu lange aufbewahrt und auf keinen Fall verwechselt werden. Blutgerinnsel- und Thrombosegefahr! Und das Blut verdickt sich, wenn statt Vollblut aufbereitete Erythrozyten verabreicht werden. Beim Einsatz von Fremdblut potenzieren sich die Risiken. Auch wenn Blutgruppe und Rhesusfaktor stimmen, kann es zu allergischen Schockreaktionen und einem Kreislaufkollaps kommen. Außerdem können Viren und Infektionen mit dem Fremdblut eingeschleppt werden. Jede Verschmutzung des Spenderbluts kann zur Katastrophe führen. Die Fahrer sollten unbedingt darauf achten, dass der Spender möglichst gesund ist. Ausrede des Tages: "Die anomalen Blutbefunde müssen mit meinem Sturz zusammenhängen." (Alexander Winokurow, im Juli 2007 beim Fremdblutdoping erwischt. Winokurow galt nicht als der Hellste im Fahrerfeld) MANFRED KRIENER

Tuesday, July 24, 2007

What will you call me when I'm 64? (IHT)

Language: What will you call me when I'm 64?
By Jack Rosenthal
Published: July 22, 2007

LANGUAGE
If Shakespeare were still alive, he would be 443 this year and would recognize the need to revise one of his most famous passages, the Seven Ages of Man. Infant, schoolboy, lover, soldier, justice, shrunk shank and then second childishness - these fall well short of describing our new age of age.

Some people have always lived to be very old, but never before have so many lived so much longer and stronger. Hence the Shakespearean problem: What to call these millions.
Harry (Rick) Moody, a scholar on the subject of aging, describes the great majority as the wellderly, distinct from the afflicted illderly. But that witty distinction doesn't solve the larger nomenclature problem. Language has not yet caught up with life.

No variation of elderly encompasses the vast variety and abilities of people over 55 or 65. Yet we keep looking for a single generic term. Oldsters and golden agers are patronizing, targets for comics. Then there are outright coarse insults like geezers, gaffers, crocks or gomers, the acronym that some cranky doctors use to mean "get out of my emergency room."

Still other terms fail because they are too narrow. Boomers, describing those born when the population started to bulge in 1946, are only now starting to enter their 60s. Retirees is an imperfect generalization because, for one thing, many people retire young and, for another, many older people continue to work, whether for the money or the satisfaction.

I've now learned from personal experience that even once-neutral terms have become troublesome. I'm involved with a new organization called ReServe that connects skilled people, near or at retirement age, with part-time jobs at nonprofit agencies in New York City. What to call them? They bridle even at inoffensive standbys like elders and older adults. An earlier generation found senior citizens acceptable, and senior as an adjective, as in senior vice president, remains so. But not as a noun, as in seniors.

Why? Not out of denial or vanity but because the experience of older people shows that any such generalization ignites unthinking discrimination - what Dr. Robert Butler, the longevity authority, has indelibly labeled ageism.

Somehow, even well-intentioned potential employers casually assume that age renders these folks - lawyers, teachers, writers, doctors, accountants, social workers - suddenly incapable of tasks more demanding than reading to third graders.

Marc Freedman, founder of Civic Ventures, a think tank and incubator of ideas about later years, has just published a book titled "Encore," describing examples of satisfying second and third careers, but that term applies to jobs, not people.

In a New York Times report last month on graying suburbs, Sam Roberts offered a clever coinage: suppies, playing off the '80s acronym for young urban professionals. But even that applies only to some of the millions in this eighth age of life.

"We struggle with this in everything we write," says William H. Frey, a visiting scholar at the Brookings Institution. "We get a lot of pushback when we use 'pre-seniors' to describe people in their mid-50s. 'That's not me!' they say."

There is probably no single acceptable term - because no single term can embrace so vast and varied a population. The ultimate answer will most likely be a suite of functional and factual terms, like the typology scholars use to distinguish between the young old, 65 to 80; the old old, 80 to 90; the oldest old, 90 to 99; and centenarians. Terms like these, though somewhat awkward, are apt to enter common usage as society faces up to the new age of age. Necessity is the mother of locution.

Modern life keeps adding zeroes. Millionaire once meant rich. Now it describes the owner of a two-bedroom apartment in Manhattan. For a time, billionaire was an exclusive label; Forbes magazine now counts almost a thousand of them around the world. Meanwhile, Bill Gates and others have a head start toward becoming trillionaires.

Not so long ago, trillion was a figurative exaggeration for fantastically costly. In the 1960s, Lyndon Johnson worried about being the first president to ask Congress for a $100 billion federal budget. Next year, President Bush's budget request may exceed $3 trillion.
How, in this 13-figure world, do you now characterize immense amounts? For the moment, zillions will probably suffice, and then, when that pales into insignificance, there's always gazillions.

Jack Rosenthal is president of The New York Times Company Foundation.

Bush has five polyps removed (IHT)

Bush has five polyps removed in colon cancer screening
By Jim Rutenberg
Published: July 22, 2007

Doctors have removed five small polyps from President George W. Bush's colon during a cancer screening that forced him to relinquish his presidential powers to Vice President Dick Cheney for two hours and five minutes.

Scott Stanzel, a White House spokesman, said Saturday that the polyps were not deemed worrisome on visual inspection by a team of doctors from the National Naval Medical Center, who performed the procedure in Camp David, Maryland. But in a statement released later Saturday morning, Stanzel said the polyps would be sent to the center for testing. He said there would be a 48- to 72-hour wait for the results. He described the polyps as less than a centimeter in diameter each.

The use of a sedative during the colonoscopy necessitated the transfer of power to Cheney.
Bush's physician, Richard Tubb, oversaw the exam. It was the second cancer screening of Bush's presidency. During the first, in 2002, Bush also transferred his presidential powers to Cheney.
That year, no polyps were found. But doctors did find and remove benign polyps from Bush's colon during exams in 1998 and 1999, when he was governor of Texas.

The polyps were of a type called adenomatous, which arise out of glandular tissue. In such cases, doctors recommend follow-up examinations every few years to search for new polyps and to check for smaller polyps that may have escaped notice in earlier colonoscopies.
Stanzel said the temporary transfer of Bush's powers to Cheney began at 7:16 a.m. The procedure began shortly thereafter and concluded at 7:44 a.m. The president resumed power at 9:21 a.m.

Before the screening, Bush sent a letter to the speaker of the House, Nancy Pelosi, Democrat of California, and the president pro tem of the Senate, Robert Byrd, Democrat of West Virginia, in which he invoked Section Three of the 25th Amendment of the Constitution in transferring power to Cheney.

Afterward, he sent another letter saying, "I am presently able to resume the discharge of the constitutional powers and duties of the office of the president of the United States." Stanzel said Bush was in "good humor" and planned to take a bicycle ride later in the day.

Lawrence K. Altman contributed reporting.

"Wir teilen nach allen Seiten aus" (FR)

"Wir teilen nach allen Seiten aus"
Simpsons-Erfinder Matt Groening ist der Walt Disney unserer Tage - nur bösartiger, liberaler und viel gewitzter als der Mickey-Mouse-Schöpfer. Ein Gespräch über seine Anfänge als brotloser Cartoonist, seine deutschen Wurzeln und die politischen Botschaften seiner gelben Anti-Helden.

Mr. Groening, ist das Leben die Hölle?
Nein! Ich kann Ihnen versichern, ich bin zurzeit sehr glücklich.

Trotzdem zeichnen Sie seit 27 Jahren den Comic-Strip "Life in Hell" für mehrere US-Zeitungen, in dem depressive Hasen und ein schwules Pärchen über die Last des Lebens sinnieren. Sind Sie nur glücklich, wenn Sie sich mit dem Unglück beschäftigen?
Ich war immer ein fröhlicher Mensch, aber in meiner Arbeit würdige ich gern die dunkle Seite des Lebens. Natürlich hätte ich früher nie gedacht, dass mein Leben als Cartoonist so cool sein würde. Ich wusste seit der High School, dass ich für den Rest meines Lebens Cartoons zeichnen will. Aber ich habe nicht erwartet, damit je Geld zu verdienen. Life is great.

Kann man denn glücklich und trotzdem sarkastisch sein?
Scheint so. Ich will einfach keine rückgratlose Unterhaltung produzieren, sondern das Schwere auf leichte Weise rüberbringen. Schon Sigmund Freud sagte ja: Jeder Humor rührt von Feindseligkeit her. Humor muss bösartig sein. Ich bin allerdings vorsichtig, was die Dosierung der Wut betrifft.

Seit wann hat in Ihrem Leben die Zufriedenheit die Wut verdrängt?
Der Wendepunkt kam, als ich zum ersten Mal für "Life in Hell" bezahlt wurde. Das war 1980. Seitdem zeichne ich den Comicstrip wöchentlich - bis heute. Damals besaß ich keinen Cent, und ich sagte mir: "Egal was kommt, damit werde ich nie aufhören."

Zur Person
Die Popkultur der letzten 20 Jahre wurde von keinem TV-Macher so geprägt und gespiegelt wie von Matt Groening. Die von ihm geschaffene Zeichentrickserie "Die Simpsons" ist die langlebigste Comedyshow im US-Fernsehen und gilt als Meilenstein der TV-Geschichte. Am Donnerstag startet weltweit der erste Simpsons-Kinofilm – auch in Deutschland.Matt Groening, 1954 in Portland geboren, schuf neben den Simpsons auch die Animations-Serie "Futurama" und den Zeitungscomic "Life in Hell". Daraus sollte 1987 ein Pausenfüller für die "Tracey Ullman Show" werden, stattdessen erfand Groening die Familie Simpson – die 1989 zur eigenen Prime-Time-Show wurde und Groening zum Milliardär machte. Er hat zwei Söhne und lebt in Los Angeles. Die Simpsons sind eine fünfköpfige Familie der unteren Mittelschicht im fiktiven, aber typisch amerikanischen Springfield. Die Serie machte sich in über 400 Folgen mit Slapstick, Satire und Zitaten aus U- und E-Kultur über alles her, was Amerika lieb und heilig ist: Familie, Religion, Patriotismus, Popkultur. Sie läuft in 40 Ländern weltweit, allein in Deutschland sehen die 17. Staffel derzeit über eine Million Menschen pro Folge. Der Episoden-Marathon am Sonntag auf ProSieben schaffte fast 20 Prozent Marktanteil.


Sieben Jahre später haben Sie dann die Simpsons erfunden, die Sie steinreich gemacht haben. Da müssten Sie doch keine Underground-Comics mehr zeichnen, oder?
Ich hab's mir aber nun mal geschworen. Aber es stimmt schon, ich hab eigentlich gar keine Zeit mehr fürs Zeichnen. Ich mache aber trotzdem weiter, selbst wenn es mich oft nervt. Eine wöchentliche Deadline - puh! Jeden Freitag krieg ich Panik.

Für die "Simpsons" arbeiten Heerscharen von Zeichnern. Da könnten Sie sich doch auch für Ihren Comic-Strip ein paar Kollegen anheuern, die für Sie zeichnen.
Das ist nicht zu vergleichen. Die Simpsons sind eine Gemeinschaftsarbeit von vielen fantastischen Leuten. Da arbeite ich mit Autoren, die witziger schreiben als ich, mit Zeichnern, die besser zeichnen als ich, und mit Fernsehbossen, die sich besser kleiden als ich. Bei meinem eigenen kleinen Comic-Strip gibt es nur mich - alles ist so schlecht gezeichnet, wie ich immer gezeichnet habe. Und keiner redet mir rein.

Die Simpsons sind heute eine Welt-Marke, mit Ihnen als Geschäftsführer. Wie viel Künstler kann Matt Groening noch sein?
Leider muss ich inzwischen viel Zeit opfern, um übers Geschäftliche zu sprechen. Aber ich mag es nicht. Ich sehe mich eher als Künstler. Ich habe meinen eigenen Comicverlag in L.A. und mein Büro ist im Obergeschoss. Alle meine Angestellten im Erdgeschoss sind superprofessionell mit ordentlich aufgeräumten Tischen und Zeichenbrettern. Dann gehe ich die Treppe rauf in die Chefetage - und mein Büro ist ein einziges Chaos. Kein schöner Anblick.

Sie sträuben sich also immer noch, Teil des Establishment zu werden. Aber Ihre gelben Anti-Helden gehören längst dazu. Können die Simpsons überhaupt noch so provozieren wie früher?
Es ist definitiv schwieriger geworden. Dass es die Simpsons seit 20 Jahren gibt, macht es noch schwerer, weil wir mit den Erinnerungen der Leute an ihre Lieblingsfolge konkurrieren. Aber wir haben nach wie vor den Anspruch, immer wieder einen Schritt weiterzugehen. Einige Folgen sind friedlich, aber dann gibt es ab und zu welche, in denen wir die Grenze ein bisschen verschieben. Teil des Problems ist, dass viele Zeichentrickserien uns nacheifern: South Park, Family Guy oder American Dad beackern das gleiche Feld wie wir, sind aber aggressiver. Denen wollen wir nicht nachjagen.

Haben die Simpsons heute noch die subversive Kraft Ihrer Ursprungsvision?
Ich wollte mich mit den Simpsons ja ursprünglich nur für all die verschwendeten Kindheitsjahre rächen, die ich mit dummem US-Fernsehen verbracht habe. Ich geb's nicht gern zu, aber ich bin so aufgewachsen, wie man es im Vorspann der Simpsons sieht: In einer Familie, deren einziges Ziel im Leben zu sein scheint, nach Hause zu rasen, um auf der Couch sitzen und fernsehen zu können.

Haben Sie dabei auch etwas gelernt?
Vor allem, wie meine eigene Show nicht sein soll. Ich wollte, dass die Simpsons realistischer sind. Sie sollten alles tun, was man bis dahin nie im Fernsehen gesehen hatte: Väter, die wütend ihre Söhne würgen; ein vernachlässigtes Kind, das talentiert ist, aber übersehen wird. Natürlich haben sich die Figuren weiterentwickelt: Homer war damals gemeiner, Bart jämmerlicher. Heute sind sie rundere Charaktere. Homer ist immer noch dumm, aber er hat lichte Momente. Das macht wohl seine Beliebtheit aus: Man weiß nie, was kommt - wahrscheinlich tut er etwas Dummes, aber ab und zu tut er eben doch das Richtige.

Bush senior hat in den Anfangsjahren der Serie gezetert, Amerika brauche mehr Waltons und weniger Simpsons. Heute ist Homer eine Art nationale Ikone. Haben die Simpsons die Gesellschaft verändert?
Kann schon sein. Als die Simpsons damals populär wurden, gab es einen gewaltigen Aufschrei - Elternverbände, Lehrer, die Kirche, Politiker, alle protestierten. Aber schnell merkten sie: Sie standen eher so da, als hätten sie den Witz nicht kapiert. Heute würde keiner mehr zugeben, dass er sich angegriffen fühlt.

Weil es uncool ist, die Serie nicht zu mögen?
Genau. Die Kritiker würden wie Idioten dastehen. Aber ich weiß, dass sie sich innerlich nach wie vor aufregen. Allein, weil wir immer noch Beschwerde-Briefe wegen so ziemlich jedem Witz kriegen. Ich denke dann immer: "Gebt endlich auf, wir werden uns nicht ändern!"

Jetzt kommen Homer und die Gang auch ins Kino. Setzen Sie im Film noch einen drauf?
Ja. Was wir der Welt als Komödie für die ganze Familie präsentieren, enthält ein sehr dunkles, ernstes Element. Aber wir hoffen einfach, die Leute kapieren es, kommen schnell drüber hinweg - und finden den Film dann einfach lustig und unterhaltsam.

Bisher durften Journalisten nur zehnminütige Ausschnitte sehen. Was dürfen wir uns unter dem "ernsten Element" vorstellen? Eine politische Botschaft?
Ja, der Film enthält politische Aspekte. Er hat ein Umweltthema, worauf wir ja immer wieder eingegangen sind in der Serie. Wir teilen wie immer nach allen Seiten aus. Mehr verrate ich nicht. Aber einige Leute werden sich sicher angemacht fühlen. Und ich hoffe, dass ihnen das auch rausrutschen wird. Das wäre toll!Dürfte schwer werden.

Der heutige US-Präsident wirkt ja selbst eher wie Homer Simpson als wie Papa Walton.
Ja, wenn sich Homer und George W. Bush treffen würden, wären sie gute Freunde. Weil sie einander so ähnlich sind.

Was sagt das über Ihr Land?
Was für eine Frage! Sie dürfen nicht vergessen: Die USA sind ein sehr polarisiertes Land, seit Al Gore 2000 die Wahlen gewonnen hat.

Sie meinen verloren.
Nein, er hat sie gewonnen und sich nicht beim Obersten Gerichtshof durchgesetzt. Seitdem ist die Gesellschaft gespalten. Aber inzwischen erkennen die Menschen über Parteigrenzen hinweg seine Inkompetenz. Gut so!

Wird auch der nächste Präsidentschaftswahlkampf in der Simpsons-TV-Serie zum Thema, wie in früheren Jahren?
Das ist schwer, weil wir uns dafür irgendwie festlegen müssten. Ich weigere mich, einen Kandidaten schon jetzt zu unterstützen. Sollen sie sich erstmal gegenseitig ausschalten, dann sehen wir, wer übrigbleibt und wen ich unterstütze.

Und Ihre Autoren sehen es dann genauso?
Üblicherweise wählen wir alle den gleichen Kandidaten, aber wir versuchen trotzdem, gegen beide Seiten zu schießen.

Sind eigentlich auch Frauen unter den Autoren?
Ja. Es gibt zwei. Und wissen Sie, warum es nur zwei sind?

Weil Frauen nicht lustig sind?
Nein, Frauen sind die Lustigsten! Aber Comedy ist ein Boys' Club. Man sitzt die ganze Zeit in einem Raum voller... Snacks. Dabei sind die weiblichen Autoren wirklich witzig. Wir wollen mehr! Ladies, kommt nach Hollywood!

Wie soll es nach dem Film mit den Simpsons weitergehen? Im Kino sind die Figuren so professionell gezeichnet, dass sie Ihrer Version von 1987 kaum noch ähneln.
Stimmt. Sie waren viel hässlicher damals.

Nun wirken sie fast so niedlich wie die Disney-Figuren, von denen Sie sich ja bewusst abgrenzen wollten.
Cartoonfiguren entwickeln sich. Auch Mickey Mouse sieht heute nicht mehr aus wie früher. Aber es gibt Grenzen: Im zweiten Jahr der Simpsons zeichnete einer der Regisseure den Haarkranz von Homer nicht als Zickzack-, sondern als Wellenlinie. Das hab ich sofort gestoppt - allein weil ich da, nebenbei bemerkt, meine Initialen versteckt habe: die Haare sind ein M, das Ohr war ein G.

Mr. Groening, in Springfield, der Heimatstadt der Simpsons, funktioniert keine der offiziellen Autoritäten: weder Kirche, noch Schule, noch Polizei. Haben Sie etwa ein Autoritätsproblem?
Das habe ich wohl. Aber das ist die Pflicht jedes Cartoonisten: Autoritäten in Frage zu stellen. Was wäre die Alternative? "Du sollst Vater und Mutter und alle Respektspersonen ehren"? Das wäre künstlerisch nicht sehr befriedigend.

Haben Ihre Eltern Sie so erzogen?
Mein Vater war sehr kreativ. Er war Filmemacher, Cartoonist, ein sehr schlauer Mann. Er wurde als Mennonit aufgezogen, eine sehr strenge christliche Konfession in den USA. Er sprach nur Deutsch, bis er fünf Jahre alt war.

Er war aber Amerikaner?
Ja, aber er wurde in Kanada geboren. Seine Eltern waren, äh, wie heißt das Wort gleich...

Deutsche?
Das auch, aber ich meine... äh, friedlich...

Pazifisten?
Pazifisten, genau! Seine Eltern waren Pazifisten. Deshalb wollten sie nicht, dass er US-Bürger wird und darum wurde er in Kanada geboren. Dann gingen seine Eltern in die USA zurück, später verließen sie dann irgendwann die mennonitische Kirche und wurden College-Professoren. Mein Vater ging später aber doch zur Armee. Er wurde Bomberpilot im Zweiten Weltkrieg und kämpfte in Europa gegen die Nazis. Er war in England stationiert und flog 1944 Bombenangriffe. Er war bei der D-Day-Invasion dabei.

Haben Sie sich je ausführlich mit diesem Teil Ihrer Familiengeschichte beschäftigt?
Nein. Ich hab natürlich mit meinem Vater darüber gesprochen. Aber seine Generation hat das Ganze nicht vertieft, sie haben darüber nicht viel nachgedacht. Damals in Europa hatte er begonnen, Filme zu machen. Er hatte eine 16-mm-Kamera aus dem Fenster seines Fliegers gehalten und daraus Filme für die Airforce produziert. Danach, in den 60ern, machte er Kinofilme - übers Surfen und so. Und er zeichnete Cartoons. Ich habe viel von ihm.

Hat Sie all das später beeinflusst? Sie sehen sich ja selbst als Pazifist - auch wenn Sie das Wort manchmal vergessen.
Ja. Obwohl, manchmal zweifle ich, ob es das Wort wirklich trifft. Ich war so ziemlich gegen jeden Krieg, den die USA bisher geführt hat. Aber ich stimme der Verfolgung von Osama Bin Laden zu.

Sie haben sich immer gern als Hippie bezeichnet. Wie sehr sind Sie das heute noch?
Wie sehr Hippie? Total! Ein totaler Hippie! Ich bin in den 60ern aufgewachsen, hörte all diese Musik. Und meine Haare waren noch nie so richtig kurz. Ich bin gerne Hippie - allein schon deshalb, weil der Begriff heute als Schimpfwort gilt.

Interview: Steven Geyer

Monday, July 23, 2007

'I throw away my specs' (The Guradian)

'I throw away my specs'
Does Voldemort get his comeuppance? Do Ron and Hermione finally get it together? Does Harry end up in the Priory? As the final instalment was released at midnight, we asked Potter fans to predict the fate of the world's favourite wizard ...

Saturday July 21, 2007The Guardian

Fernanda Amis
Age 10
Harry sat up in bed and put on his glasses. He looked at Hedwig's cage. It was empty. Harry wasn't surprised. He got out of bed and started to get dressed. He looked out of the window. Another dull day at Privet Drive, he thought. When he had finished dressing, Hedwig swooped in with a letter in her beak. Harry took it.
Dear Harry, he read. It's Ron. I was wondering if you wanted to come over for the rest of the holidays. If you do want to come, we'll pick you up at the train station tomorrow morning, 10 o'clock sharp. Send an answer back with Hedwig.

Harry read the letter again. He went to his desk and scribbled a note and gave it to Hedwig, who then flew off.
Dear Ron, I would love to come to your house. I'll be at the station by 10. Harry
Early the next morning, Harry packed his bags and crept down to the living room. Uncle Vernon was sitting on a chair, reading the newspaper. Aunt Petunia was preparing breakfast and Dudley was sitting on the floor, munching a chocolate bar. Dudley got up. "What do you want?" he asked rudely.
"I just wanted to say that I'm going to Ron's house."
"Good," was Dudley's answer. Uncle Vernon and Aunt Petunia didn't look up. So Harry dragged his trunk out of the door. He hadn't had any breakfast. It was only 7.30, but he wanted to be gone.
When he got to the station, there was a note from Ron - in Hedwig's beak. Harry hadn't realised she wasn't in his room that morning. He read the note.
Dear Harry, Something's happened and we can't get you. Take the train at platform 10 and get off at the seventh stop. Sorry about that. Ron
Harry puzzled about the note as he got on the train, dragging his trunk behind him. He wondered what could have happened to Ron and his family. The moment he got down at the seventh stop, he saw a crooked house in the distance. When he reached it, Ron was there, standing outside the door.
"You're early!" he said. "We were just about to come and get you."
"Didn't you send me a note with Hedwig saying I had to get the train?" Harry asked.
"No, I didn't," Ron said quietly. "But whoever did is up to something."

Ed Balls
Secretary of State for Children, Schools and Families
As Hermione tried to cram yet another gold-plated trophy for outstanding wizardry into her trunk, a promising future of academic accolades and, no doubt, a fast-track career at the Ministry of Magic within her grasp, Harry looked on wistfully. Typical, he thought. You can be a national Quidditch champion, you can save the world from impending doom, but if you don't get your five A*-C NEWTS, all that's left is a job behind the bar at the Leaky Cauldron, or stacking shelves at Flourish and Blots.

Morag Campbell
Age 9
I think Voldemort, Harry and Hermione will die, but Ron will escape and become Minister for Magic because Scrimgeour will get sacked for poisoning someone. Ron will escape because his mum and dad will rescue him, but when they come back for Harry and Hermione they will both be dead. Voldemort will think that he has won, but then Fred and George come up behind him and jinx him so he gets killed. Everyone is very happy because Voldemort is dead, but they are also very sad because Harry and Hermione are dead.
Sarah ClarkeChildren's buying manager, Waterstone's
If this were purely a book for adults, rather than a children's book that adults will read, then I think JK Rowling might throw caution to the wind and kill off many more than just the two characters she has threatened to, and have previously heroic players turn evil. However, the author knows she has a responsibility to her fans, and she'll stick to her word. I believe Professor Snape will show his true colours and sacrifice himself (uttering a withering put-down as he does so) to give Harry and the others a chance to defeat Voldemort.
Ron will also go to the great Quidditch match in the sky. This will be a great blow to the fans, but JK has warned us the end will be upsetting, and that means one of the young principals must die. Also, Ron's death will leave a Harry/Hermione romance on the cards - come on, it's what we all want. The final scene will see Harry crumbling under a vicious onslaught from Voldemort and his followers, only to be saved as a back-from-the-dead Dumbledore reveals himself by emerging from beneath the invisibility cloak to add his power to Harry's at a crucial moment, destroying the evil one for ever. Or at least until book eight ...
Rahila HussainTeacher, Queensbury School, Bradford
Harry, Ron and Hermione find the last horcruxes. Harry uses his broom to fly into the depths of an active volcano to destroy his, Hermione smashes hers in between her hair straighteners, and Ron accidentally destroys his while trying to Apparate away from some Death Eaters. All three return to Hogwarts, where Snape is now headteacher and Death Eaters are patrolling the corridors. The school is being used to teach the dark arts to all, after students sign a home-school agreement to serve only Voldemort. The Order of the Phoenix gather after Dumbledore's Phoenix rises as a vision before them, calling them to Hogwarts for the final battle. Draco Malfoy has a change of heart after Voldemort wipes out his family for not protecting his horcruxes and so making him vulnerable as a mortal. Draco goes after Voldemort and Snape follows him to protect his favourite pupil. But it must be Harry who destroys Voldemort or the prophecy will not be fulfilled, and Snape ends up killing Draco to ensure that Harry is the one to kill Voldemort. Harry stabs him in his non-existent heart with his wand. He goes on to become headteacher at Hogwarts and the school tops the league tables for magic. Ron and Hermione get married and have a child ... born with Ron's red hair, but with Harry's scar on its forehead and needing glasses.

Andrew Marr
Broadcaster
Harry Potter and the Garrick Club. In later life, Sir Harry Potter became a staunch supporter of the Old Hogwartians and a well-known figure on the touchline at the annual Varsity Quidditch Match. His distinguished position on the Scott Trust meant his powerful arguments for repelling women, wraiths and witches from membership of his beloved Garrick was never tainted by any suggestion of sexism. His Goblet of Fire merlot-sauvignon cross was judged one of the finest Northumberland wines of the later 2030s, as global warming expanded the industry. Lady Hermione was appointed Lady Antonia Fraser Professor of Early Medieval Studies before her ill-judged affair with a migrant asylum-seeking phoenix led to her being burned alive in the London Library kebab shop and reading room.

Maud Mullan
Age 9
I think that Voldemort has to die. If he didn't die, everybody would wonder what happens next, so JK Rowling would have to write another book. He's the one who is most evil, and once he's dead everyone can capture all the Death Eaters and everything will be all right. Harry will find the other four horcruxes (including the locket). In each horcrux is a bit of Voldemort's soul and Harry has to destroy them all before he fights Voldemort. The other four horcruxes are the snake, Hufflepuff's cup, Slytherin's locket and something from Ravenclaw or Gryffindor. They find out who RAB is. RAB took one of the horcruxes. I think RAB is Sirius Black's younger brother Regulus.
Harry will leave the Dursleys (he comes of age in the summer when he is 17). I don't think Harry's going to die, but I think Ron or Hermione might. Malfoy will decide he doesn't want to be evil and will try to back out of it, because at the end of the sixth book he's not quite sure which side he should be on. Snape is really involved with the plot, so he has to turn good or die (or both), otherwise there must be more of the plot to come. In the fifth book there is a prophecy saying that the Dark Lord will be vanquished by someone born at the end of July to those who have thrice defied him. Voldemort thought this was Harry, but it might be Neville Longbottom. He's not good at anything except herbology, but he might help Harry defeat Voldemort.

DBC Pierre
Novelist
I'd say Harry's fate would be an early coronary on the courthouse steps after a protracted battle with his local council over new Approved Household Substances legislation.
Ian RankinCrime writer
I've always thought that Harry would make a good "paranormal detective". The Harry Potter novels are shaped as traditional whodunnits with plenty of twists, turns, red herrings and suspects. So I can see Harry surviving the last adventure of his school years and heading off to the wizard equivalent of Hendon for training as a cop. This would allow him to continue to track down Voldemort and his cohorts. I can't see Rowling bumping off Harry at the end; I think she cares about him far too much to let that happen. And if Harry stays, so must Voldemort, the two being inextricably linked. I wouldn't mind if Hermione suddenly discovered her "dark side" and joined Voldemort's ranks. Ron would then have to decide between his two best friends and might end up destroying himself in the process.

Michael Rosen
Children's laureate
So this is Godric's Hollow, thought Harry. He had always imagined it to be dark, wet and dreary with overhanging cliffs, broken statues and no one in the street. But it was a bright, happy place with a new coffee shop, a pizza place and people standing about in the street talking. Harry could see the church tower pointing up into the sky above the houses and found that he had to command his legs to take him there.
In the graveyard he scanned the inscriptions - May Stella Johnson, May she sleep in peace. He allowed himself a smile but no more. He wasn't going to be distracted. The brightness he had noticed in the high street had now turned grey. He looked at the trees around the church. Of course trees don't whisper but ... Then, there it was:
James Potter and Lily Potter née Evans ... Harry's eyes rushed over the letters ... d. October 31 1981 ... why do they always write "d."? Are they afraid of the word "died"? Then the motto: "Cor te reducit".
"Cor?" he said out loud to himself. Cor? Did they say things like "phew!" and "wow" and "cor" in Roman days? Some kind of powerful urge or force made him start figuring out what this motto meant. Come on, come on, he said to himself. Latin lessons ... "te", "amo te" means "I love you" ... so "te" must mean "you". "Reducit?" It looks like "reduce" but ... the word "educated" flashed into his mind. "E ducare", to lead out. So "reducit" must mean ... lead again or lead back. "Cor, you've come back"? Yes, I have come back! Wait a minute. "Cor", ah yes, Richard Coeur de Lion, Richard with the heart of a lion ... heart ... That's it, that's it: "The heart leads you back." And the moment the translation was in his head, there came a cracking, creaking sound that echoed around the churchyard. The stone on the grave sheared in two, the earth beneath his feet heaved, rotting timbers splintered, and out of the ground crawled and stumbled Harry's mother and father.
"Harry! Harry!" they cried out, even as they wiped the earth from their faces and clothes.
Harry felt the tears come into his eyes. All the hurt he had tucked away came rushing to the surface and now burst out in one great shout:
"Mum! Dad!" and he buried himself in their arms.

Meg Rosoff
Children's author
After so many years of battle with the Forces of Evil, Harry has a nervous breakdown and is admitted to the Priory. He undergoes extensive psychoanalysis by Dr Weltschmerz, but his post-traumatic stress proves intractable.
Hermione, pregnant with Ron's baby, gives birth to twins Nigel and Aramintha, and Harry is asked to be godfather. The christening is presided over by the kindly local vicar, Artemis McBurney-Weatherbottom, who turns out to be Lord Voldemort in disguise. Harry, sedated on Mogadon and Prozac, borrows a broomstick from a Priory cleaner, and chugs towards the church for the christening. Despite the urgency of his mission, he stops at the Dog & Duck, using the sacred A Few Years Older spell to order a pint. Through his drug-and-London-Pride-induced haze, Harry notices Voldemort's Dark Mark hanging over the church. A hellish wailing from within convinces Harry that he has, at long last, come to the final showdown with his nemesis. The noise, however, turns out to be the cute twins, whom Harry slays by mistake. Or was it?
Voldemort swears that he's tired of being an Icon of Evil and, to prove it, sends all the Death Eaters to work at Little Chef and takes a job at the local council overseeing roadworks and parking permits. Harry returns to the Priory full of remorse and meets Kate Moss. With the help of aromatherapy, pilates and class A drugs, they live happily ever after.
Ron and Hermione discover that the babies Harry slew by mistake were not real babies, but embodiments of purest evil, and the friends reconcile. Badness is banished from the world, except for a tiny leftover bit in Luton, in case of a sequel. Hogwarts is converted into luxury condominiums, despite being in the green belt. Dumbledore isn't dead after all and gets a spin-off prequel.

Ivan Self
Age 9
I think that Harry will go to his home and see his parents' graves. He may also have a duel with Voldemort. No one knows who will win, but normally the hero does. Snape and Malfoy will be out to get Harry, so watch out Harry! I think he's going to survive because the hero always wins. He will become an Auror.
Ron will have to go home because his brother Charlie is getting married. I think Ron will go with Harry to help fight Voldemort. Ron is Harry's best friend, so he will be the ideal person to put the imperious curse on, because Harry trusts him: in other words, I think Voldemort will try and control Ron. After that, Ron will definitely become an Auror and try to rise to great heights, maybe even become a professional Quidditch player.
Hermione will be angry that they are leaving Hogwarts because she loves work, but she will go with Harry to help him and be their "brains". She will also find some useful spells along the way. She will help Harry prepare to fight Voldemort, she will make a few of her own calculations.
Harry and Hermione will not end up as boyfriend and girlfriend because there is not that kind of love between them. Also Hermione is already in love with Victor Crumb and Harry is already in love with Ron's sister Ginny.
I think they will all become Aurors to hunt down the last Death Eaters, and stop them bringing back Voldemort again.

Sue Townsend
Novelist
Harry said, "So it was a psychotic episode brought on by my excessive and protracted skunk habit?"
"Mostly," said the psychiatrist, "though you also had issues relating to parental dysfunction."
"So I have parents?" checked Harry.
"Yes, Daphne and Derek Potter. Lovely people, they came to see you every Sunday afternoon."
Harry looked out of the office window at the real world beyond the secure unit. It looked grey and dreary, and the apparently sane people on the pavements had the dislocated look of robots. If that's the real world, they can stick it up their arses, thought Harry. Then he shook the psychiatrist's hand, trousered his discharge papers and hurried away.
He managed to evade his parents, who were waiting for him in the blue Mondeo in the car park, and headed for the town in search of excitement and a couple of ounces of serious skunk.

Sue Upton
Senior editor, The Leaky Cauldron.org (leakynews.com)
"Mystery, Mayhem and Magical Mischief all due in an exciting memoir this fall!" Hermione sighed as she put down her copy of the Daily Prophet, which had yet another special issue on the events at Godric's Hollow (Boy Who Lived Relives His Triumph over You Know Who: Special Ten Year Commemorative Edition!) She turned to check on her husband Ron, who was snoring gently in a chair, holding a sleeping baby Luna. The others were playing a game of Quidditch at the Burrow. Dean and Seamus went swooping by on their brooms, followed by peals of laughter from Fleur and Ginny who were poring over a Muggle bridal magazine, as Ginny was furiously taking notes. Over in the garden, Neville was deep in concentration studying a curious snapping plant as he prepared his herbology lectures for the upcoming session at Hogwarts. As Hermione picked up her quill to resume writing, she winced as yet another bludger went hurling through the upstairs window, which was promptly met with howls of "Fred, George come here this instant!" from Molly Weasley. Chuckling to herself as some things never change, her smile faded as she unrolled the parchment before her and began the most difficult task of her revision of Hogwarts, a History: the chapter on the death of Lord Voldemort at the hands of her friend Harry Potter.

Marina Warner
Cultural critic
It was Speech Day, the last day of term, and the Great Hall was packed to the rafters, the temperature and excitement mounting furiously. The choir had sung a medley, and some young Slytherins had staged "La Belle Dame sans Merci" (Lupin Minor amazingly convincing in the title role). It was Hermione's turn to do her best for Gryffindor. She'd always been a dab hand at dead ringers; her rendering of Dame Helen Mirren as the Queen was pitch-perfect. Everyone was in stitches when suddenly, before the applause for Hermione's act had died away, Harry was there. The promised moment had come: Harry was to speak!
He was clutching one of the cups he had won in one hand and his Quidditch broom in the other, and from his shoulders hung a strange cloak of many colours. But otherwise he looked different - or at least everyone said so afterwards, when it all turned out as it did.
Without even half a smile to acknowledge the vast and rapt assembly, Harry began, in his best old luvvy quaver:
"Old chums of Hogwarts playing fields and spires,
You tripping Quidditch gamesters of the skies,
Who chased the speeding snitch on flying brooms,
Battled with Dementors, Muggles, Hallows, and ghouls,
And got all tangled up in Voldemort's sticky webs,
I have voyaged to the edge of the abyss and felt his venom
Leak inside my brain.
[here his voice grew stronger, sterner]
All this strong magic
I here abjure; but for my last enchantment,
I've tweaked my DNA, had my eyes lasered,
and worked a charm of surgeon's craft on my scar.
So I now set you free, my loyal Owl,
bag up my gear, toss cups, badges, certificates, and prizes all,
For Oxfam to collect. I'll break my trusty stick
[here he broke his broom, snap, across his knee]
Cast off my cloak, and throw away my specs
[here he flung them both to the stage]
And declare like the wise Achilles who when asked
What life he most desired if given a second chance,
Replied, 'Oh! To be an ordinary man!'
So now I quit the stage to hide among you all."
Everyone was laughing at first, though when he broke the broom, many groaned, the illusion was so perfect. Some were even admiring his new look - contacts suited him, they thought. But how wrong they were, and the laughter soon faded, because they realised the solemn truth that Harry, Harry Potter, the Harry everyone knew, had melted among them and was no longer anywhere to be found.

After Harry ...
For wizard fantasy
Ursula K Le Guin's A Wizard of Earthsea series. For Harry take Ged, arrogant, gifted and ignorant of the huge responsibilities he carries; and instead of Hogwarts, there's the whole of Earthsea with its rational magic to inhabit.
For Gothic lovers
Mervyn Peake's Gormenghast puts Hogwarts in the shade with its labyrinthine edifice, and the characters are every bit as scary. It's as wordy, too.
For science fiction/fantasy
Philip Reeve's Mortal Engines quartet offers fantastic techno-created adventure in cities that roll along the bottom of the dried-up seabed devouring each other.
For historical fantasy
Joan Aiken's The Wolves of Willoughby Chase launches a long sequence of novels set in a Victorianesque but non-industrial Britain already linked to Europe by a Channel tunnel through which wolves roam freely.
For boarding-school fiction
Anthony Buckeridge's Jennings Goes to School introduces Jennings and Darbishire, who stay the same age, in the same form and at the same school through over 25 titles.
For those ready to take the next step
Lian Hearn's Across the Nightingale Floor launches a powerful series of stories that take its characters through love, war, jealousy and fate among the hidden tribes and warrior classes of Japan.
For adventure addicts
James Bond began his derring-do at Eton in Charlie Higson's SilverFin and sequels. A school with as many arcane rituals as Hogwarts, it is a springboard for recognisable but sexed-down 007 adventures.
For the next big thing
Pirates, football and dying teenagers are all vying to replace fantasy. Justin Somper's Vampirates books do the first gruesomely, Mal Peet's Keeper adds magical realism to the familiar motives of the glorious game, and a dying teenager provides the pivot for Sharon Dogar's Waves, a story of love and loss.
For something short and sweet for a change
Frank Cottrell Boyce's Millions is charming, original and all about saints.
For something completely different
Meg Rosoff's How I Live Now gives a vision of an arcadia and dystopia in one dramatic story.
· Harry Potter and the Deathly Hallows by JK Rowling is published by Bloomsbury. To order a copy for £15.99 with free UK p&p, call Guardian book service on 0870 836 0875 or go to guardian.co.uk/bookshop

"Heuchlerische Hysterie" (taz)

20.07.2007
Schrift
Tour de France
"Heuchlerische Hysterie"
Warum Mike Kluge, einer der Kommentatoren der Tour de France bei Sat.1, dort nicht über Doping sprechen will.

taz: Herr Kluge, seit vorgestern sind Sie Tour-de-France-Kommentator. Wie sehen Sie Ihre Aufgabe?
Mike Kluge: Ich freue mich über die Gelegenheit, den Menschen die Schönheit dieses Sports zu vermitteln. Ich war ja selbst Radprofi, ich glaube, ich kann den Leuten hervorragend näher bringen, was die Fahrer während so einer Rundfahrt durchmachen.

Das Thema Doping wird Sie nicht beschäftigen?
Nein, das wird doch sowieso überall breitgetreten. Ich denke, man vergisst im Augenblick zu leicht, dass da auch noch Sport getrieben wird.

Sie schätzen die Tour also noch als Sportereignis?
In diesem Sport ist man nur vorne dabei, wenn man sehr hart gearbeitet hat. Das kann durch Doping nicht ersetzt werden. Ich finde es faszinierend, wie Sportler 20 Tage lang diese maximale Belastung aushalten.

Sie finden es überzogen von ARD und ZDF, abzuschalten?
Völlig überzogen. Man muss doch davon ausgehen, dass es in jedem Sport Leute gibt, die sich Vorteile verschaffen. Und ich denke, dass der Radsport auf einem guten Weg ist, das Problem anzupacken. Man kann das ja auch nicht mit einer Ballsportart vergleichen, die Belastungen sind ganz anders. Abzuschalten ist auf jeden Fall das falsche Zeichen. Es wird im Moment viel kaputtgemacht. Die Erwägungen etwa, die Sportförderung völlig einzustellen, ist ganz falsch. Es geht ja auch um den Nachwuchs.

Die öffentlich-rechtlichen Sender hatten sich vor der Tour von Marcel Wüst getrennt, weil er als Exprofi zu wenig Distanz habe. Sie sind auch Exprofi. Haben Sie Distanz?

Marcel Wüst hat einen hervorragenden Job gemacht. Seine Innenansichten waren eine Bereicherung. Ich war aber nie so dicht dran wie Marcel. Ich war Cross-Fahrer und bin auf der Straße nur kleinere Rundfahrten als Amateur gefahren. Ich war nie bei der Tour de France.

Gibt es in Deutschland derzeit eine zu große Hysterie, wenn es um Radsport und um Doping geht?
Ja, und diese Hysterie ist heuchlerisch. Wenn in Zeitungen ganzseitige Fotos von Patrik Sinkewitz erscheinen, muss ich mich schon wundern. Man fragt sich, was wäre, wenn er jemanden umgebracht hätte? Würde man dann Ausklappseiten mit seinem Foto machen? Man darf den Sport nicht vernichten. Er erfüllt eben auch soziale Funktionen. Das gerät im Moment in Vergessenheit.
INTERVIEW: SEBASTIAN MOLL

Neue, alte KGB-Methoden (taz)

22.07.2007
Schrift
Russische Medienzensur
Neue, alte KGB-Methoden
Um kritische Journalisten zum Schweigen zu bringen, greift Putins Russland wieder in die Trickkiste aus Sowjetzeiten. Zwei prominente Reporter leben seit Monaten im US-Exil. VON KLAUS-HELGE DONATH

"Ganz langsam bin ich gestorben, obwohl mir eigentlich nichts fehlte", sagt Fatima Tlisowa. Die Journalistin aus dem Kaukasus lebt seit März in den USA. Ihr amerikanischer Arbeitgeber, die Nachrichtenagentur Associated Press, drängte die 41-jährige Tscherkessin, Russland zu verlassen. Ihr Leben war in Gefahr. Tlisowa arbeitete für verschiedene russische Medien, darunter die Nowaja Gaseta, deren Tschetschenien-Korrespondentin Anna Politkowskaja im Herbst 2006 ermordet wurde.

Tlisowa kennt den Kaukasus besser als jeder andere. Von Naltschik aus, der Hauptstadt der Republik Kabardino-Balkarien, befasste sie sich ausschließlich mit Themen aus der Region. Sie spürte Korruptionsskandalen nach und stieß auf Beamte, die kostenloses Insulin einbehielten und den Zuckerkranken gegen horrendes Geld verkauften, sie deckte Verstrickungen der Sicherheitsbehörden in den Waffen- und Drogenhandel auf. Tlisowa schrieb über junge Muslime, die verhaftet, gefoltert und ermordet wurden, weil sie angeblich Extremisten seien. Der eigentliche Grund der Verfolgungen jedoch war: Die Republikführung wollte Moskau Präsenz im "Antiterrorkampf" demonstrieren und so mehr Geld lockermachen.

Drohungen von "oben" und auch den guten Rat von Kollegen schlug die zweifache Mutter aus dem Wind. Sie konnte nicht einfach über harmlosere Themen schreiben, obwohl sie rund um die Uhr überwacht und eingeschüchtert wurde. Auf einer gemeinsamen Recherche 2004 verschwand sie plötzlich für mehrere Stunden. Stunden später kam sie mit Brandmalen auf den Händen zurück. Der Geheimdienst hatte sie auf offener Straße in einen Wagen gezerrt und Zigarettenkippen auf den Fingern ausgedrückt. "Schreib nicht mehr so ein Zeug", warnten die Häscher. Sie sollte auch nicht mehr mit Journalisten aus dem Westen zusammenarbeiten. Russische Kollegen wurden ebenfalls unter Druck gesetzt, den Kontakt zu Tlisowa abzubrechen. Sie sei eine Agentin des türkischen Geheimdienstes, wurde ihnen gesagt.

All dies ist harmlos im Vergleich zu dem, was der Journalistin seit Herbst 2006 widerfuhr: Zunächst verschwand der 16-jährige Sohn, den sie nach einem Tag aus den Fängen betrunkener Milizionäre befreien konnte. Am 13. Oktober, vier Tage nach dem Mord an Anna Politkowskaja, fing ein Geheimdienstler Tlisowa vor der Wohnung ab: "Was hältst du von dem Mord? Wir finden ihn richtig. Du riskierst, dass deine Kinder auch Waisen werden." Kurz darauf, nach einem Ausflug, stand wieder mal die Haustür offen, sie war aufgebrochen worden und wie schon unzählige Male zuvor fehlte auch diesmal nichts. In der Nacht setzten die Kopfschmerzen ein, Körper und Zunge schwollen an. Die Schleimhaut löste sich und von der Hand ließ sich die Haut in Streifen abziehen. Die Untersuchung im Krankenhaus ergab: "Dysfunktion der Nieren und Veränderung des Blutbildes infolge von Intoxikation" - Vergiftung also. Kollegen holten sie nach Moskau. Nach längerer Beobachtung attestierte die dortige Klinik: "Ideale Nierentätigkeit wie bei einem Neugeborenen." Eine Ärztin, die ihr trotz Verbots der Klinikleitung Unterlagen zuspielte, wurde entlassen.

Gleiches wiederholte sich im Januar. Wieder musste Tlisowa mit ähnlichen Symptomen stationär behandelt werden, diesmal traten noch schwere Herzrhythmusstörungen auf. Ärzte in den USA konnten drei Monate später weder Vergiftungsspuren noch andere Ursachen feststellen. Sie sei kerngesund, bestätigten die Mediziner und unterstützten damit die Vermutung, dass sie vergiftet worden sein müsste. In den USA erhielt sie den Flüchtlingsstatus und ein journalistisches Stipendium.

2006 zeichnete die Henry Nannen Stiftung Tlisowa mit dem Bucerius-Preis für osteuropäische Journalisten aus. Den Geheimdienst im Kaukasus kümmerte dies wenig: Er verbot dem Regionalfernsehen sogar, darüber zu berichten. Tlisowa ließ ihre Eltern im Kaukasus zurück, deren Haus in einem abgelegenen Bergdorf wurde von Sicherheitsbeamten durchsucht.
Dass sie mit den Kindern in die USA ausreisen konnte, geht vermutlich auf die Intervention des Sonderbeauftragten Präsident Putins für Südrussland, Dmitrij Kosak, zurück. Zwei Mordfälle hintereinander, Politkowskaja und das Poloniumattentat auf den Exilrussen und Ex-Agenten Alexander Litwinenko im Herbst in London, hatten dem Image Russlands im Ausland bereits genug Schaden zugefügt.

Der Journalist Jurij Bagrow erhielt ebenfalls politisches Asyl in den USA. Der ehemalige Korrespondent des US-Auslandsenders Radio Liberty und AP-Mitarbeiter stand schon seit Beginn des zweiten Tschetschenienkriegs 1999 auf der Abschussliste der Behörden. Damals berichtete Bagrow über die zivilen Opfer russischer Bombenangriffe und über Todesschwadronen, die offensichtlich Verbindungen zum russischen Geheimdienst FSB unterhielten.

Danach setzten auch für ihn massive Probleme ein. Bagrow wurde als Sohn einer russischen Offiziersfamilie in Georgien geboren. Erst nach dem Zerfall der UdSSR zog er zum Studium nach Russland - und musste noch einmal die russische Staatsbürgerschaft beantragen. Er bekam sie zunächst. Nach einer FSB-Razzia in seiner Wohnung war der Pass verschwunden. Plötzlich behaupteten die Behörden, Bagrow hätte sich die Staatsbürgerschaft widerrechtlich erschlichen. Er sollte ausgewiesen werden. Erst nach Intervention des US-Außenministeriums, des New Yorker Komitees zum Schutz von Journalisten und von Reporter ohne Grenzen sah man von diesen Plänen ab. Doch Bagrow erhielt weder einen Pass noch andere Papiere. In der Sicherheitszone des Kaukasus war damit journalistische Arbeit nicht mehr möglich - Methoden, mit denen der KGB schon zu Sowjetzeiten arbeitete.

"Hier ist nicht 2007. Hier ist 1943" (taz)

Nazi-Casting
"Hier ist nicht 2007. Hier ist 1943"
Staffage für Stauffenberg: Wie ich für Tom Cruise zum Nazi-Soldaten wurde - und niemand mich fragte, ob ich vielleicht tatsächlich ein Nazi bin. VON FABIAN DIETRICH


Für manchen Politiker und Journalisten ist der Stauffenberg-Film ein Skandal, weil ein Scientologe darin die Hauptrolle spielt. Für die Mitarbeiter einer Casting-Agentur aus Charlottenburg ist es ein Job wie jeder andere. Seit ein paar Wochen rekrutieren sie in einem Büro mit unverputzten Wänden und weiß lackierten Tischen Soldaten für den neuen Film von Tom Cruise. "Wir suchen ausschließlich Soldaten der einen Armee. Du weißt schon welcher ...", heißt es in einer Email der Agentur, die mir eine Freundin vor ein paar Tagen weiterleitete. Die eine Armee, das ist natürlich nicht irgendeine, sondern die Wehrmacht der Nazis. 5000 Statisten sucht die Agentur angeblich für ihre Kartei. Voraussetzungen: Mitteleuropäisches Aussehen, helle Haut, Bereitschaft zu Kurzhaarschnitt und militärischem Training. Von politischer Gesinnung ist in der Email keine Rede.

Dass ein Nazi-Casting ziemlich daneben gehen kann, wenn man seine Statisten nicht genau unter die Lupe nimmt, zeigte das Hitler-Großprojekt "Der Untergang". Denn pünktlich zum Start des Filmes vor drei Jahren landete der NPD-Politiker Karl Richter den großen Coup seiner Karriere. In einem süffisanten Aufsatz (Titel: "Mit dem Führer in Halle 12") enthüllte der Neonazi, er habe im "Untergang" den Adjutanten von Keitel gespielt. Dem Mann vom Casting habe seine schnittige Frisur so gut gefallen, dass er ihm die Rolle gegeben habe, schrieb Richter.
Auch meine Frisur kommt in der Agentur gut an. Der Scheitel sei prima, man müsse nur an den Seiten noch ein bisschen nachrasieren, sagt Nella, eine etwa 30-Jährige in einem weißen Kostüm, die die Bewerber am Eingang erwartet. Aber "ja nicht zum Frisör gehen, das machen wir", mahnt sie und reicht mir ein Formular. Die Agentur will viel wissen von ihren zukünftigen Soldaten. Ob ich Aktfotos von mir machen lassen würde? Ob ich ein Fahrrad habe? Ob ich einen Anzug oder einen Smoking besitze oder gar eine Uniform? Eine Uniform? Ob das häufiger vorkomme, dass einer seine eigene Wehrmachtsuniform mitbringe, frage ich. "Eher selten", murmelt Nella abwesend.

Wir gehen zusammen in den hinteren Teil des Büros. Nella will Fotos von mir machen. An der gegenüberliegenden Wand hängt ein Arrangement von Portraits. Goebbels, Himmler, Hjalmar Schacht, Keitel, Adolf Hitler und eine ganze Reihe weiterer finsterer Gestalten in Uniform. Ob ich eine bessere Rolle bekomme, wenn ich einem von denen ähnlich sehe, will ich wissen. "Kann passieren" antwortet Nella und drückt auf den Auslöser.

Marcel übernimmt das Kommando. Mit seinen schläfrigen Augen und den tief hängenden Jeans könnte dieser Charlottenburger Agenturmitarbeiter auch in einem Fashion-Store in Berlin Mitte arbeiten. Er trägt meinen Namen in eine Liste ein. Jetzt bin ich offiziell Soldat. In der Zeile steht "Cast: Soldier, Fabian Dietrich, 45 EUR". Ob bei dem Film eigentlich alle bei Scientology seien, frage ich ihn. "Nein, nein, wir haben das nachgeprüft. Tom Cruise ist der einzige", versichert Marcel. "Keine Sorge, den wirst du am Set garantiert nicht sehen."

Marcel zieht einen Schäferhund zurück, der sich an meinen Beinen reibt und an meinem Schritt schnüffelt. Der Filmtitel habe sich übrigens geändert, sagt der Agenturmitarbeiter beiläufig. "Valkyrie heisst jetzt Rubicon". Eine Anspielung auf das berühmte Stauffenberg-Zitat vom überschrittenen Rubikon. Morgen soll es gleich losgehen. "Im Bendlerblock?", frage ich. "So ein Quatsch. Das schreiben die Medien. Da wollten wir auch niemals hin. Die Kulissen sind schon lange im Studio Babelsberg aufgebaut", antwortet Marcel. Der erste Tag ist ein Trainingstag. Er wird nicht im Studio, sondern im "Rubicon-Bootcamp" stattfinden, einer gigantischen Fabriketage in Charlottenburg. "Jetzt siehst Du noch aus wie Kanonenfutter, aber morgen wird das anders sein. Da wird sich zeigen ob du Flakschütze wirst oder Rotkreuzhelfer", sagt Marcel.
Ob denn auch echte Nazis in die Agentur kommen, frage ich. "Klar", sagt Marcel, "bei einigen sieht man's, andere können es verstecken". Aber bei mir, er lacht, hätte er da keine sorgen. Seine Kollegin Nella erinnert sich nur an einen potentiellen Nazi, der beim Casting dabei war. Ein kräftiger Mann mit Glatze stand eines Tages in der Tür. Er habe sich mit nacktem Oberkörper fotografieren lassen und "üble Tatoos" gehabt. "Der Hass" stand auf seiner Brust. Nella hat ihn selbstverständlich nicht zurück gerufen. Doch der Mann kam wieder und fragte nach. "Der war total nett und hat gesagt, das liege alles in seiner Vergangenheit", sagt Nella. Da hat die Agentur dann doch noch mal ein Auge zugedrückt.

Am nächsten Morgen um Neun pendelt das Geräusch eines summenden Rasierapparates zwischen meinen Ohren. Der Scherkopf brennt mir heiß in die Nackenhaut. "Sagt tschüss zu euren Haaren", ruft ein Maskenbildner. Ich befinde mich im dritten Stock des "Rubicon-Bootcamp". In den letzten Tagen wurden hier hunderte von Männern in Wehrmachtssoldaten verwandelt. Die Maskenbildner lernen die Haarschnitte anhand von Originalfotos, die an der Wand hängen. Nach zwanzig Minuten sind meine Seitenhaare ab, mein Scheitel fällt mir links in die Stirn. "Na du Fascho", begrüßt mich ein blasser Statist, als ich mich im Wartebereich für die Neuankömmlinge auf eine Bank setze.

Die meisten Unterhaltungen im "Rubicon-Bootcamp" laufen genau so ab. Eine seltsame Mischung aus schwarzem Humor und Stammtischparolen. Neben mir sitzen fünf Männer Anfang bis Mitte zwanzig. Sie haben frisch rasierte Nacken, tragen schicke Turnschuhe und finden das ganze Nazi-Theater offensichtlich ziemlich aufregend. "Im Berliner Kurier stand, die haben die Wolfsschanze am Stadtrand aufgebaut", sagt einer von ihnen. Er habe in der "Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne" gedient und deswegen schon Erfahrung, erzählt ein anderer lachend. Nicht alle im "Rubicon-Bootcamp" sind so ausgelassen. Ein ernster Korpsstudent zeigt mir einen Schmiss neben seiner frisch rasierten Schläfe. Ein Freund habe ihm von "Rubicon" erzählt. Ihm gefalle, dass es ein Film-Dreh mit viel Action sei. Ein bisschen abseits sitzt eine Gruppe etwa vierzigjähriger Komparsen auf einer Holzbank. "Stramm und kurze Haare, so waren sie alle!" ruft mir einer von ihnen zu, als ich aufstehe, um mir meine Uniform zu holen.

Gemeinsam mit fünf anderen führt man mich durch eine mit weißen Stoffwänden unterteilte Halle. Wir durchqueren einen gewaltigen Dschungel aus Ledermänteln, Jacken, Stiefeln und Stahlhelmen. Auf einem großen Haufen liegt eine eingeschweißte Mütze der Totenkopf-SS. "Ist das hier für die Ostfront, honey?" ruft der Chef der Kostümabteilung seiner Kollegin zu. Wir ziehen uns bis auf T-Shirts, Socken und Unterhosen aus und lassen uns graue Uniformen und Stiefel geben. Die Hose schlackert mir um die Beine, die Jacke scheuert auf der Haut. Während ich meine ersten klackernden Schritte mache, fällt mir auf, dass mein Körper ohne mein Zutun eine ungewohnt aufrechte Haltung eingenommen hat. Im Spiegel entdecke ich den silbernen Adler mit dem Hakenkreuz auf meiner Brust. In dem Moment beginnt die Ethno-Hymne "King of the Bongo" von Manu Chao aus den Lautsprechern zu plätschern. "Top Notch. Excellent, Good Job, Boy", kommentiert der Chef der Kostümbildner die Uniformen. Er hat sich einen langen Schuhlöffel unter den Arm geklemmt und schreitet die neuen Nazi-Soldaten mit einer blau-weissen Plastikpfeife im Mundwinkel ab. Das Mädchen, das ein paar Schritte weiter die Wehrmacht-Gürtel ausgibt, bringt es ganz gut auf den Punkt. "Schon ein bisschen bizarr hier", nuschelt sie in sich hinein.

In welchem Regiment wir sind, weiß niemand so genau. "Berlin-Soldier" liest eine Kostümbildnerin von einer kleinen Tabelle ab. "Wir sind bestimmt das Wachbatallion", flüstert mir ein pickliger, blonder Soldat ins Ohr. Habe ich eben Begeisterung in seiner Stimme gehört? Ich stelle mich vor eine Leinwand mit der Nummer 1206 und werde fotografiert. Danach ziehe ich mich um und gehe zurück auf die Wartebank. "Ob wir heute eigentlich Sieg Heil schreien müssen", fragt einer in die Runde. Keiner antwortet. "Weißt du, die Wehrmacht war die beste Armee im Nahkampf", erzählt ein stämmiger Student aus unserer Gruppe seinem Freund. Von diesen kleinen Momenten, in denen den Statisten ihre Rolle in Fleisch und Blut übergeht, hat der NPD-Politiker Karl Richter in seinem Aufsatz geschwärmt.

"Links zwo drei vier und Marsch", stimmt einer der Soldaten an. Wir werden ins Herz des Bootcamps geführt, wo wir lernen sollen, uns wie Soldaten zu bewegen. In einer lichtdurchfluteten Halle erwarten uns die militärischen Ausbilder. "Gruppe-1 in einer Rei-he... Angetreten!" Die Stimme eines kleinen muskulösen Mannes hallt von den Wänden wider. Der Ausbilder mustert uns mit stechendem Blick. "Hier ist nicht 2007, sondern 1943. Bei der Wehrmacht ging es anders zu als bei der Bundeswehr", sagt er. Wir marschieren auf dem Laminatboden vor- und zurück, wir halten dutzende Male an, drehen um und achten penibel genau darauf, dass unsere Fußspitzen auf einer Linie stehen. Ich bin der kleinste der Gruppe und muss mich deshalb immer am Ende einreihen. Ein guter Soldat werde ich wohl nie werden. Das Stillstehen bereitet mir Probleme. Es schmerzt im Rücken, ich vergesse jedes Mal, meine Hände flach am Körper zu halten. "Wenn ich stillgestanden sage werden SIE zu Zinnsoldaten. Dann stehen SIE bis das Moos an ihnen wächst", befiehlt uns ein Ausbilder. "Das hier ist echte Männerzucht", sagt sein Kollege.

Bevor ich das "Rubicon-Bootcamp" verlasse, spreche ich noch mit Jesse, dem Produktionsassistenten. Ob es denn echte Nazis unter meinen Kollegen gäbe? "Äh, keine gesehen", sagt er. "Ich glaube, wir haben hier gewisse Filterprozesse, keine Sorge, da passiert nichts". Seine Kollegin hat da Zweifel. Sie erzählt, vor kurzem sei ein seltsam fanatischer Typ bei der Kostümprobe aufgekreuzt. Der habe ein braunes Hemd angehabt und ausdrücklich verlangt, einen SS-Offizier spielen zu dürfen. Ob er rausgeflogen sei? Sie zuckt mit der Schulter. "Bei der SS ist er jedenfalls nicht gelandet".

Nach der Veröffentlichung dieses Textes werde ich vermutlich vom Drehplan für Rubicon-Stauffenberg gestrichen. Es wird keinen Wehrmachtsoldaten "1206" geben.
Den Film will ich mir trotzdem anschauen, wenn er in ein bis zwei Jahren in die Kinos kommt. Nicht, weil ich Tom Cruise mag. Und auch nicht, weil ich mitreden will, wenn mal wieder darüber diskutiert wird, ob ein Scientologe denn einen Hitler-Attentäter spielen darf oder nicht. Sondern weil ich möglicherweise einen alten Bekannten wiedersehe. Vielleicht ist Karl Richter ja auch wieder dabei.

Der Mann, der seinen Frieden sucht (taz)

20.07.2007
Türkischer Pazifist
Der Mann, der seinen Frieden sucht
Murat Ülke hat als Kriegsdienstverweigerer in der Türkei kaum Rechte. Jetzt muss er auch noch eine Reststrafe wegen Wehrkraftzersetzung absitzen. Öffentliche Unterstützung erfährt er kaum. VON DENIZ YÜCEL

Wenn am Sonntag die Türkinnen und Türken ein neues Parlament wählen, wird Osman Murat Ülke seine Stimme nicht abgeben können. "Ossi" darf nicht wählen, nicht ausreisen oder einer offiziellen Arbeit nachgehen. Selbst die Vaterschaft für seinen vierjährigen Sohn darf er nicht anerkennen lassen. Osman Murat Ülke lebt in der Illegalität. Dabei ist er nicht untergetaucht, sondern wohnt in Izmir und arbeitet als Übersetzer. Wer will, weiß, wo er ihn finden kann. In einem Land, das keine Alternativen zum Militärdienst kennt und in dem sich die Armee in politische Belange einmischt, dürfte es jemanden wie ihn gar nicht geben. Ülke ist Kriegsdienstverweigerer. Vor 13 Jahren verbrannte Ossi, damals 23, seine Einberufungspapiere und erklärte öffentlich, dass er aus politischen und ethischen Gründen Gewalt ablehne und nicht dienen werde. Vor ihm hatten einige junge Männer aus pazifistisch-anarchistischen Kreisen verweigert, Ossi war aber der Erste, der verhaftet wurde. Das war Ende 1996. "Distanzierung des Volkes vom Militär", Wehrkraftzersetzung und Befehlsverweigerung lauteten die Vorwürfe. Nach zwei Jahren im Militärgefängnis wurde er laufengelassen - seither lebt er im Ungewissen.

Osman Murat Ülke, 36, wurde in Pforzheim geboren und folgte mit 15 seinen Eltern in die Türkei. Zwei Jahre saß er wegen Kriegsdienstverweigerung in Haft. Die droht ihm erneut.
Anfang 2006 sah es so aus, als ob sich daran etwas ändern könnte. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilte die Türkei zur Zahlung von 11.000 Euro Schmerzensgeld, weil sie Ülke wegen derselben Tat mehrfach verurteilt hatte. Ankara zahlte, die gerichtlich verlangte Verpflichtungserklärung aber, die Strafverfolgung einzustellen und Ülke ein normales Leben zu ermöglichen, gab die Türkei nicht ab. Stattdessen erhielt Ülke am 9. Juli die Aufforderung, sich binnen zehn Tagen bei den Behörden einzufinden, um eine Reststrafe abzusitzen.

Warum die Behörden jetzt tätig werden? "Vielleicht hat jemand einen alten Aktenstapel abgearbeitet, vielleicht hat es politische Gründe", sagt Ülkes Anwältin Hülya Ücpinar der taz. Und Ossi ergänzt: "Vielleicht wollen Kreise im Militär meinen Fall aufrollen, weil sie mit allen Mitteln die Annäherung an die EU zu sabotieren versuchen." Angesichts der nationalistischen Stimmung im Land sei es für ihn schwieriger als in den 90er Jahren, öffentliche Unterstützung zu bekommen.

Und eigentlich will Ossi nicht mehr kämpfen. "Meine Verweigerung war nicht nur eine persönliche Sache. Ich wollte innerhalb eines politischen Zusammenhangs zur Demilitarisierung beitragen." Diesen Zusammenhang habe er verloren, sagt er. "Ich will nur meinen Frieden." Seinen Frieden mit den Verhältnissen machen und Soldat werden, will er aber auch nicht. "Das wäre Selbstaufgabe."

Dicke Eier im Gelben Trikot (taz)

die wahrheit
Dicke Eier im Gelben Trikot
Kein Pflaster für Andreas Klöten: Testosteron-Klau bei der Tour de France VON ROLAND BURSCH

Der dänische Radrennfahrer Michael Rasmussen karrt zurzeit die dicksten Nüsse durch Frankreich. Foto

Rot leuchtend verschwindet der Sonnenball hinter den Pyrenäengipfeln. Die Masseure haben ihr Öl verknetet, Gebirge von Pasta sind vertilgt, und langsam legt sich Gevatter Schlaf über das Dorf der Tour de France. Die Fahrer liegen in ihren Betten und spielen noch ein wenig an ihren Eiern, aber nur um die Haftung der Testosteron-Pflaster zu überprüfen.

Auch die Teamchefs, Spritzenaufzieher und Urinprobensortierer gleiten sanft in den wohl verdienten Schlummer. Bis auf einen. Bis auf Mario Kummer. Dem sportlichen Leiter des Teams Astana steht der Nachname ins Gesicht geschrieben. Traurig hockt er an der Hotelbar und grübelt in sich hinein. Heute Nachmittag waren noch alle Koffer da, das könnte er schwören beim Schnurrbart von Andreas Klöden, seinem Schützling, der doch die große Runde durch Gallien gewinnen soll. Vorhin war Kummer noch einmal im Mannschaftsbus. Sämtliche Koffer waren hübsch aufgeräumt an ihrem Platz gewesen: Epo, Asthmamittel, Eigenblut, Wachstumshormone, synthetische Adrenaline, genveränderte Ecstasy-Pillen - alles in bester Ord- und Tarnung. Jetzt aber fehlt ein Koffer. Der mit den Hodenpflastern.

Mario Kummer hat in seiner Laufbahn schon einiges erlebt. In den Achtzigerjahren, als der Ostblocksport kaum noch Frauen und Männer, sondern lediglich Pickelmonster hervorbrachte, heimste der gebürtige Suhler zwei Weltmeistertitel und einen Olympiasieg für seinen Apotheker-und-Bauern-Staat ein. Mit geballtem Pillendreher-Knowhow im Gepäck heuerte er bald nach der Wende beim Team Telekom an. Nach der Tour 2006 aber durfte Kummer bei T-Mobile seine Sachen packen, weil er sich während einer Pyrenäen-Etappe um einen Berg verzählt und seinen Jungs einen völlig hirn- und nutzlosen Angriff befohlen hatte, der Klöden wichtige Kräfte kostete und über den sich die Testosterontunte Floyd Landis noch heute totlacht.

Und diesmal gehts abermals daneben. Erst setzt er auf die falsche Zahl, die Seriennull Winokurow, und nun haben sich auch noch die verfluchten Hormonstreifen verdünnisiert. Mario Kummer ordert noch einen doppelten Pastis und lässt die Gehirnzellen tanzen: Zu den augenfälligsten Nebenwirkungen von Testosteronmissbrauch, das weiß er als langjähriger Fachmann, gehören Feminisierung und Aknebildung. Wenn also jemand von der Konkurrenz seinen Koffer gestohlen und sich mit dessen Inhalt den Sack zugeklebt hat, dann werden die Symptome nicht allzu lange auf sich warten lassen. Er muss nur in den nächsten Tagen das Fahrerfeld im Adlerauge behalten. Im Übrigen bekommt Klöti morgen eine Extraportion Asthmamittel in die Nase gesprayt, das muss fürs Erste genügen.

Gelb leuchtet die Sau vom Himmel über den Pyrenäen. Mario Kummer spaziert mit leichtem Pastisschädel durch das Fahrerlager und redet scheinbar ungezwungen mit dem einen und anderen Konkurrenten. Weiter drüben erblickt er einen Rabobank-Pedaleur, der sich eine Wärmflasche an den Unterleib hält. Merkwürdig wölben sich die "a"s im Sponsorenaufdruck auf dem Trikot. Erst jetzt erkennt Mario Kummer das pickelübersäte Gesicht Michael Rasmussens. Auf behutsame Nachfrage wimmert ihm der Däne im Gelben Trikot vor, solche Schmerzen habe er bisher nur vom Hörensagen gekannt, nun könne er endlich seine Frau verstehen, die einmal im Monat das große Jammern bekomme. Mit den geschwollenen Dingern - Rasmussen weist mit spitzen Fingern ins Ungefähre - könne er keinesfalls weiterfahren. Mario Kummer hört teilnahmsvoll zu und ist glücklich. Die Eierpflaster haben genau den Richtigen getroffen.

Friday, July 20, 2007

Sehnsucht nach deutschen Helden

berg & Co sind als Widerstandsidole nur bedingt tauglich
Sehnsucht nach deutschen Helden
KOMMENTAR VON STEFAN REINECKE
Heute vor 63 Jahren missglückte ein Anschlag auf Hitler. Der Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg wurde verhaftet und mit einigen Widerständlern im Bendlerblock in Berlin hingerichtet. In den 50er-Jahren hielten viele Stauffenberg & Co. für Verräter, später avancierten sie zu Gründungsfiguren der Bundesrepublik. Doch der Streit, welcher Widerstand der richtige war, geht auch 2007 weiter.

Stefan Reinecke ist Redakteur der taz und Autor des Buches "Otto Schily. Vom RAF-Anwalt zum Innenminister". Foto: taz
Aktueller Anlass ist der US-Films "Walküre", in dem der bekennende Scientologe Tom Cruise den Grafen Stauffenberg spielt. Denn deutsche Behörden haben, auch wegen Cruise aggressiver Werbung für die Sekte, die Drehgenehmigung für den Bendlerblock verweigert. Deutsche Engstirnigkeit gegen die libertäre US-Religionsauffassung, so hat das deutsche Feuilleton diesen Konflikt gedeutet und sich auf die Seite von Cruise geschlagen.
Doch so abseitig ist der Vorbehalt gegen Cruise nicht: Die Stauffenberg-Rolle ist, anders als etwa die "Mission Impossible"-Fantasy, mit historischer Bedeutung aufgeladen. Ein echter Kämpfer gegen das Böse - dies kann Cruise bei seiner Scientology-Propaganda nützlich sein.
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Zudem steht der rhetorische Aufwand der Cruise-Verteidiger in seltsamem Missverhältnis zu dem Fall, um den es geht - eine Drehgenehmigung für einen Originalschauplatz, der ohne Schaden für den Film andernorts nachgebaut werden kann. Cruise wird keineswegs von deutschen Behörden, in denen offenbar unausrottbar der Kleingeist des Wilhelminismus weiterwest, aus weltanschaulichen Gründen in seiner Berufspraxis boykottiert.
Im Gegenteil: Das US-Projekt wird vom deutschen Staat großzügig mit fast fünf Millionen Euro gefördert. Die Hausherren im Bendlerblock, Finanz- und Verteidigungsministerium, vergehen sich auch nicht an der Verfassung, nur weil sie nicht jeder kommerziellen Filmproduktion ihre Türen öffnen, wie ein eifriger feuilletonistischer Freiheitskämpfer in der FAZ meint. In den USA käme ein ausländisches Filmteam mit einem weltanschaulich obskuren Hauptdarsteller, das im Pentagon drehen will, kaum bis zum Hausmeister. Worum geht es also?
Ein Subtext der Debatte ist der Zwist zwischen Popkultur und historischer Wissenschaft, zwischen Bildermachern und textfixierten Wissenschaftlern. Peter Steinbach, der engagierte Leiter der Gedenkstätte deutscher Widerstand im Bendlerblock, meint, dass "Walküre" nur ein Spektakel wird. Diese Furcht treibt Zeithistoriker um, seit die US-Serie "Holocaust" 1979 das deutsche Publikum anrührte - und die kränkende Frage stellte, warum die deutschen Zeitgeschichtler und Regisseure nichts vergleichbar Effektvolles zu Wege gebracht hatten. Diese Debatte wiederholte sich bei Spielbergs "Schindlers Liste" und Daniel Goldhagens Buch "Hitlers willige Helfer". Die seriösen Zeithistoriker zogen dabei stets den Kürzeren. Wo es um Effekte, emotionale Aufheizungen und eindeutige moralische Botschaften geht, haben sie immer schon verloren. Zudem, so Steinbach, seien die Dreharbeiten mit der "Würde des Ortes" unvereinbar. Der Ort, der durch den Dreh entweiht werden könnte, ist der Innenhof des Bendlerblocks, in dem Stauffenberg erschossen wurde. Anders jedoch als die Furcht, dass "Walküre" reines Identifikationskino wird, ist dieses Argument äußerst fragwürdig. Den Einwand kennt man von Holocaustfilmen: der authentische Leidensort wird durch den inszenierenden Blick des Regisseurs zur Kulisse.
Doch schon diese Assoziation zeigt, wie falsch die Rede von der Würde dieses Ortes hier ist. Wer den Bendlerblock nur zum Symbol des Widerstandes macht, unterschlägt die Geschichte des Ortes. Denn hier plante das Oberkommando der Wehrmacht nach 1938 den Überfall auf die Sowjetunion, der Millionen Zivilisten das Leben kostete. Den Bendlerblock zum "sakralen Heiligtum der Nation" zu veredeln, wie Josef Joffe in der Zeit schreibt, ist eine Fälschung. In dieser selbst religiös gefärbten Metaphorik wird der Bendlerblock als Ort der Planung von Verbrechen durch das Opfer Stauffenbergs reingewaschen. In dieser Assoziationskette erscheinen Stauffenberg & Co. als Figuren, deren Opfergang die Schuld der militärischen Elite überdeckt und deren Tod ein Operationszentrum des Terrorkrieges in einen geweihten Ort verwandelt hat. Das Gerede von Stauffenberg als adeligem "Übermenschen" (Henckel von Donnersmarck) ist eine Verzerrung, die viel über eine unstillbare Sehnsucht nach Normalisierung erzählt - und nichts über die historischen Fakten.
Zu diesen Fakten gehört auch eine Figur wie Arthur Nebe, hingerichtet als Mitverschwörer des 20. Juli und einer der übelsten Massenmörder des NS-Systems. Nebe war Führer der Einsatzgruppe B, die 1941 etwa 45.000 Menschen im Osten ermordete, er unterstützte Versuche an KZ-Häftlingen und verbesserte mit viel Energie Tötungsverfahren. Nebe war nur eine Randfigur des 20. Juli. Doch auch im Zentrum der Verschwörer gab es Leute wie Henning von Tresckow, der die Partisanenbekämpfung im Osten betrieb - oft nichts anderes als blanker Terror gegen Zivilisten. Gewiss gab es sehr viele, die aus Abscheu vor dem Völkermord zu Hitler-Gegnern wurden. Und viele waren beides: moralisch entsetzt über die NS-Kriegsführung - und Teil der Maschine, die den Krieg in Gang hielt.
Alle Reinheitsideen und Idealisierungen des 20. Juli sind Trugbilder. Die Attentäter des 20. Juli waren ambivalente Figuren. Viele hingen antidemokratischen Ideen an, ihr Aufstand kam spät, viel zu spät. Vielleicht war er eher eine letzte moralische Geste als ein aussichtsreicher Staatsstreich. So waren die Leute des 20. Juli Teil des NS-Systems, die in einer Extremsituation ihr Leben gaben. Sie taugen als Denkanstöße über die Grenzen soldatischen Gehorsams, nicht als Heiligenbilder.
Kein Missverständnis: Wir sind jedem, der gegen Hitler sein Leben einsetzte, Respekt schuldig, unabhängig von seinen Motiven. Das gilt für Zeugen Jehovas, die den Militärdienst verweigerten und dafür ermordet wurden, für doktrinäre Kommunisten und auch für Militärs, die Teil des Terrorkriegsapparates waren. Sie alle waren geprägt durch ihre Zeit. Die Idee, dass sie unseren Werten genügen müssen, ist dumm. Warum aber soll der lange so zögerliche militärische Widerstand zum Nationalepos verklärt werden?
So vermittelt die Debatte um Cruise die ernüchternde Botschaft, dass die Erkenntnisse der kritischen Täterforschung, die Historiker wie Christian Gerlach seit 10 Jahren publizieren, beim Publikum nicht angekommen sind. Zu unangenehm ist die Erkenntnis, dass die NS-Geschichte keinen moralischen Fluchtweg bereit hält und dass kein Oskar Schindler und kein Stauffenberg das deutsche Desaster heilen.
Die Debatte hat ein altes Bedürfnis zum Vorschein gebracht hat: den heißen Wunsch, endlich eine Nationalhistorie mit universell verfilmbarem, vorzeigbarem Identifikationspersonal zu haben. Doch die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts ist nur ramponiert und gebrochen zu haben.

Rächer des Rechtsstaats (taz)

20.07.2007
Schrift
die wahrheit
Rächer des Rechtsstaats
Mit Wolfgang Schäuble erhebt sich der Staat zu ganzer Größe. Ein beinhartes Porträt VON PETER KÖHLER
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble verhandelt mit den Mächtigen der Welt nur auf BauchhöheBundesinnenminister Wolfgang Schäuble verhandelt mit den Mächtigen der Welt nur auf Bauchhöhe Foto: apFoto: ap-->
Sie wollen Deutschland in die Luft sprengen, die Europäische Union in einem Flammenmeer ersäufen und den Satan USA bei lebendigem Leib mit den Hufen Allahs zerstampfen: Was alles der internationale Terrorismus in seinem finsteren Schädel auskocht, lässt die Zukunft nicht bloß der Welt, sondern vor allem auch Deutschlands in einem schwarzen Licht erscheinen. Gleichwohl braucht niemand seine Hose mit Angst zu füllen, denn der beinharte Retter steht bereits bereit: Wolfgang Schäuble! Seit er sich im November 2005 den großen Schuh des Innenministers anzog, marschiert der Krieg gegen den Terror auf breiter Front voran wie auf tausend strammen Füßen.
Seine weichen Vorgänger im Amt taten bekanntlich nicht mehr, als Polizei und Verfassungsschutz ein paar Augen mehr auf fremde Bürger mit behaartem Gesicht werfen zu lassen, insbesondere wenn deren Nase nach Mekka zeigte. Im Übrigen aber hatten Terroristen ihr Projekt lediglich rechtzeitig anzumelden und - weil der Staat den illegalen Erwerb von Sprengstoff eindämmen und den unerlaubten Waffenbesitz unter Kontrolle halten wollte -, in speziellen Läden für Terrorismusbedarf einzukaufen. Unter Otto Schily ging es sogar so weit, dass Fluggäste, die bereit waren, sich im Entführungsfall abschießen zu lassen, sich in eine Liste eintragen mussten; aber mehr als der Name des damaligen Innenministers und seines Nachfolgers kamen nie zusammen, die Liste blieb viel zu dünn.
Inzwischen aber hat sich mit Wolfgang Schäuble der Staat zu ganzer Größe erhoben. Nun dürfen Terroristen endlich in die Luft gesprengt, Sympathisanten in einem Flammenmeer ersäuft und teuflische Staatsfeinde von den Hufen des Rechtsstaats zerstampft werden! Folter bleibt zwar strikt verboten - es sei denn, es handelt sich gar nicht um Folter -, aber ab sofort gilt jeder, der kein Polizist oder Staatsanwalt oder Wolfgang Schäuble persönlich ist, als Gefährder, folglich als potenzieller Terrorist und damit als überführt. Außerhalb des Innenministeriums soll es gut und gern 65 solcher Gefährder geben.
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Schäuble trifft mit solchen Maßnahmen den Zahn der Zeit. Die Mehrheit der lebenden Bevölkerung hat erkannt, dass Ordnung und Sicherheit fett in Butter sind, wo Wolfgang Schäuble geht und steht. Über den Vorwurf, er mache die Menschenrechte klein und bewege sich mit seiner Politik unter der Gürtellinie einer gesunden Demokratie, kann er nur die Ohren schütteln. Gewiss, manche halten ihn für behindert. Aber in Wahrheit ist er ein kerzengerader Demokrat, der mit allen Beinen im Rechtsstaat steht!
Wolfgang Schäuble weiß das. Und er weiß, dass es nur eines gibt, das in der Demokratie wichtiger ist als Sicherheit: noch mehr Sicherheit. Er weiß es seit 1990, als ein Mann im badischen Oppenau durch ein Sicherheitsloch schlüpfte und ihn mit drei Schüssen durchbohrte; und dass ihn 2002 in Kirchheim/Teck ein neuerlicher Attentäter mit einer Geflügelschere zerschneiden wollte und nur wenige Meter davor von der Polizei in den Sack gesteckt werden konnte, war Wasser auf seine Gehirnmühle.
Attentate waren jedoch nicht das einzige, was Wolfgang Schäuble in seiner politischen Laufbahn fast über den Haufen warf. Obwohl er 1961, mit neunzehn, zur Jungen Union eilte, 1965 zur Erwachsenen-CDU rannte und 1972 in den Bundestag raste, kam er nie oben an, obwohl er mehrmals den Fuß in einer wichtigen Tür hatte: Parteivorsitzender, Kanzler, Bundespräsident - irgendwo lahmte es bei Schäuble rätselhafterweise immer. Als Parteivorsitzender ließ ihn 2000 die Spendenaffäre einknicken. Beim Rennen um die Kanzlerkandidatur 2002 war Stoiber schneller auf den Beinen, zumal viele die Vorstellung nicht ertrugen, dass Schäuble in Bauchhöhe mit den Mächtigen der Welt redet. Als es 2004 um den Apfel des Bundespräsidenten ging, trat ihm die FDP mächtig auf die Zehen.
Da war Schäuble so manches Mal zumute, als drücke ihn das Schicksal in die Knie, ja in die Knöchel. Sieben Jahre, seit 1998, musste er in der Opposition schlafen. 2005 hatte ihn kaum jemand noch auf dem Schirm. Als er dann, im Herbst 2005, den Befehl erhielt und sich in Bewegung setzte, um die deutsche Innenpolitik in seine Gewalt zu bringen, war niemand mehr da, der ihn stoppen konnte. Und auch nicht wollte, denn Schäuble, dessen Vater ein geborener Steuerberater und dessen Mutter eine gelernte Landtagsabgeordnete war, der selbst als ehrlich gestrickter Finanzbeamter begann und dann als grunzeinfacher Rechtsanwalt weitermachte, gilt als rechter Biedermann, der keiner Fliege ein Bein abholzen kann. Freiheit, Demokratie und Bürgerrechte, so die Auffassung der weitverbreiteten Bevölkerung, werden bei ihm schon in sicheren Schuhen sein. Und tatsächlich, jeder kann es Tag für Tag mit eigenen Augen sehen: Der Rechtsstaat steht bei Wolfgang Schäuble auf festen Füßen!