Knaller an der Zeitungsfront

Saturday, December 16, 2006

40 Jahre Mao-Bibel (SZ)

China
40 Jahre Mao-Bibel
Vor 40 Jahren trat ein kleines rotes Büchlein einen gewaltigen Siegeszug an. Die Parolen des Großen Erlösers - und was man darüber wissen muss.
Von Tilman Spengler -->

1. Vorgeschichte
Der klassische chinesische Kalender teilte das Sonnenjahr in 24 annähernd gleiche Zeitabschnitte, die verschiedene Namen trugen. Die Periode gegen Ende Mai heißt ,,Reifendes Getreide‘‘. In der Periode ,,Reifendes Getreide‘‘ des Jahres 1964 erschien in Peking ein kleines Buch, ,,nicht größer als eine Handfläche‘‘, wie ein Zeuge notierte, ,,eingebunden in geschmacklos rotem Plastik, mit ein paar Sprüchen des Vorsitzenden Mao.‘‘ Angehörige der Volksbefreiungsarmee hätten die ,,Sprüche‘‘ zusammengestellt.

Zweieinhalb Jahre später, man schrieb den 16. Dezember 1966, die entsprechende Periode hieß ,,Großer Schnee‘‘, wurde das kleine Buch in seiner zweiten Auflage mit einem Vorwort des chinesischen Verteidigungsministers Lin Piao versehen. In dieser Fassung erreichte es in kurzer Zeit eine Auflage, die nach Hunderten von Millionen gemessen, schon 1968 mit einer Milliarde beziffert wurde.

Lin Piao war seit 1960 Verteidigungsminister und wollte mit der Sammlung seinen Parteivorsitzenden für sich gewinnen. Er entwickelte ein Programm, das sich anfangs ,,Viermal an erster Stelle‘‘, später ,,Die fünf Prioritäten‘‘ nannte. Die chinesischen Kommunisten haben seit jeher eine Schwäche für die Magie von Zahlen. Kurz gesagt ging es in dieser Sammlung darum, das Denken von Mao als die erste, die allgemeingültige Wahrheit für das Handeln des chinesischen Volkes zu etablieren. Das gefiel dem Parteivorsitzenden.

2. Landessprache

Im Englischen heißt die kleine Schrift, die immerhin gut 370 Seiten umfasst, lapidar ,,Quotations from Chairman Mao Tse-tung‘‘, auf Deutsch schlicht ,,Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tung‘‘. Im Chinesischen liegt der Fall etwas tiefgründiger. Für ,,Worte‘‘ oder ,,Quotations‘‘ stehen dort die beiden Zeichen ,,yü lu‘‘. Dieser Begriff war lange aus der Mode und aus den Lexika gekommen. Zhu Xi, einer der berühmtesten Philosophen des chinesischen Mittelalters, hatte seine Exegese der konfuzianischen Texte so genannt, auch in buddhistischen Schriften wurde der Ausdruck verwandt, um klarzustellen, was die reine Lehre vom unlauteren Beiwerk zeitgenössischer Kommentatoren unterschied.

Wenn also das Werk im Ausland oft als ,,rote Bibel‘‘ bezeichnet wurde, traf das durchaus die religiöse Ausrichtung der Veranstaltung, die sich zudem formal an der chinesischen Geschichte anlehnte. Man hätte auch von einem Katechismus oder von heiligen Geboten sprechen können, wobei der christlichen Formel: ,,Ich bin der Herr, Dein Gott‘‘, der erste Satz des roten Büchleins: ,,Die den Kern bildende Kraft, die unsere Sache führt, ist die Kommunistische Partei Chinas‘‘ entspräche. Sprachlich, das zeigt sich schon an dem Bild eines Kerns, der eine Sache führt, lag das Werk mit seinen knapp 400 Zitaten nicht auf der Höhe anderer fundamentalistischer Schriften.

3. Verbreitung

Bis zum misslungenen Putsch des Verteidigungsministers Lin Piao gegen Mao im September 1971 gehörte das kleine rote Buch zur Grundausstattung eines jeden Chinesen, der das schulpflichtige Alter erreicht hatte. Studenten wurden in öffentlichen Verkehrsmitteln kontrolliert, ob sie ihr persönliches Exemplar bei sich führten, es galt als vorbildlich, nicht nur die Zitate, sondern auch die entsprechenden Seiten- und Zeilenzahlen auswendig zu beherrschen. In den oft blutigen Kämpfen der verschiedenen Fraktionen von Rotgardisten gruppierten sich die Parteien nach Losungen, die sie dem Werk entnahmen. Ein Wachbatallion der Volksbefreiungsarmee entwickelte im Winter 1966 die vorbildliche Abfolge von Exerzierbewegungen, mit denen das Exemplar aus der Tasche gezogen und wie eine Waffe geschwenkt werden sollte. Eine andere Vorschrift regelte seine Benutzung als Grußmittel, hier war mit Daumen und Zeigefinger die Seite aufgeschlagen zu halten, die das Porträt von Mao zeigte. Ein revolutionäres Ballett aus der Provinz Anhui führte erstmalig die Schritte vor, die später landesweit erforderlich waren, um das Zeichen für ,,Loyalität‘‘ mit einem kleinen Buch in der Hand zu tanzen.

Zu Streitfällen kam es in der Leichtmetallindustrie, weil unterschiedliche Meinungen über den angemessenen Einsatz der Zitate des Vorsitzenden beim Beschriften von Haushaltsgeräten auftraten. Thermoskannen durften verwendet werden, ob auch Spucknäpfe als Träger der neuen Botschaft taugten, galt als umstritten, grundsätzlich erwies sich der Schmelzüberzug von Emailware als ein genauso ideales Medium wie Haus- oder Wandmauern.

Presse und Rundfunk verbreiteten Meldungen aus allen Bereichen der industriellen und der landwirtschaftlichen Produktion, die belegten, das auch scheinbar unmöglich zu lösende Probleme kein Schwierigkeiten bereiteten, wenn zuvor das kleine rote Buch konsultiert worden war. Gebiete am Rande der Gobi, die zuvor von zunehmender Versteppung bedroht waren, hieß es, erfreuten sich jetzt anhaltender Bewässerung. Bei der fünften Zündung einer Atombombe, die nur knapp zwei Wochen nach der Neu-Veröffentlichung des Werkes erfolgte, soll es die Soldaten auf dem Testgelände in Lop Nor (Sinkiang) vor radioaktiver Strahlung geschützt haben. Gleichfalls wurden drastische Steigerungen der Erdölförderung sowie eine dramatische Senkung der nationalen Geburtenrate der Lektüre der ,,Worte des Vorsitzenden‘‘ zugeschrieben.

4. Deutungen

Die Aussagen, die unter weitgehendem Verzicht auf Systematik auf jenen 370 Seiten zusammengestellt wurden, sind teils historisch resümierender Natur, teils Aufforderungen, teils prophetischen Charakters. Sie stammen aus einem Zeitraum von 40 Jahren, betonen aber nicht eine historisch materialistische Entwicklung, sondern eine zeitlose Allgemeingültigkeit. Das bekommt manchen Maximen besser als anderen. Der Satz: ,,Jede Schlussfolgerung ergibt sich, wenn die Untersuchung einer Situation beendet ist, nicht bevor sie angefangen hat‘‘ (S. 275), liest sich auch 1971 mit einer anderen Aktualität als die Erkenntnis ,,Das ganze Halbproletariat und Kleinbürgertum sind unsere engsten Freunde‘‘ (S.17). Und was sollten die Genossen, zwanzig Jahre nach Gründung der Volksrepublik, mit der Botschaft anfangen: ,,Tschiang Kai-schek versucht stets, dem Volk jedes Quentchen Macht, jedes Quentchen Vorteil zu entreißen.‘‘(S. 14)

Es gab allerdings Passagen, von ihnen wird noch zu reden sein, die eine latente Kraft entwickelten, nicht unähnlich jener, von der wir lasen, sie könne als Kern eine Sache führen.

Im westlichen Ausland war die amerikanische Ford Foundation der größte Förderer akademischer Analysen des kleinen roten Buches, das seit 1967 in zahllose Sprachen übersetzt worden war. Eine einschlägige Bibliographie zählt mehr als 900 Abhandlungen bis zum Jahr 1972, von denen allerdings keine, so das Fazit des berühmten amerikanischen Sinologen Stuart Schram, ,,der Hoffnung Nahrung geben konnte, aus Trivialitäten Gold spinnen zu können.‘‘

Auch die Studentenbewegungen in Westeuropa kamen bei aller grundsätzlichen Sympathie, mit wenigen Ausnahmen, relativ schnell zu dem Schluss, dass die Erkenntnisse, die ,,die Mao Fibel‘‘ anbot, nur geringen praktischen Gewinn für die Umgestaltung der sozialen Verhältnisse ihrer Länder verhieß.

5. Aktualität

An Maos Geburtsort, mittlerweile eine blühende Wallfahrtsstätte, kann sich der Besucher ein Menu zusammenstellen lassen, das nur aus den bevorzugten Speisen des vor zwanzig Jahren verstorbenen Vorsitzenden besteht. Der Verkauf von Devotionalien verzeichnet schwunghafte Zuwachsraten. Taxifahrer hängen an den Innenspiegel ihrer Fahrzeuge gern ein in Gold gefasstes Porträt von Mao als Amulett gegen die Gefahr von Unfällen. Auch das kleine rote Buch ist längst wieder zu haben.

Einige der Aussagen haben die Zeit überstanden.

,,Eine Revolution ist kein Gastmahl‘‘, empören sich die Bürger, wenn sie erfahren, wie viel an Steuergeldern für die kostenlose Bewirtung ihrer Parteikader verschleudert wird.

,,Der gegenwärtige Aufschwung der Bauernbewegung ist ein gewaltiges Ereignis‘‘, zitieren Demonstranten, die über unerträgliche und oft willkürliche Steuerlasten demonstrieren, und sie drohen: ,,Die Bauern werden ungestüm und unbändig wie ein Orkan sein.‘‘

Bei einer Veranstaltung in der Provinz Anhui, auf der gegen ungerechtfertigte Enteignungen protestiert wurde, trug ein Demonstrant ein Schild, dessen Text auch den Autor nannte: ,,Die Funktionäre unserer Partei sind gewöhnliche Arbeitsmenschen und keine Herren, die auf dem Rücken des Volkes reiten.‘‘ Diesen Satz hatte Mao im Juli 1964 niedergeschrieben.

6. Nachtrag

Der größte ökonomische Gewinner des kleinen roten Buches war ein deutscher Chemiekonzern, der das Plastik für den Einband lieferte. Als Mao von den Kosten erfuhr, soll er bestürzt gewesen sein. Zuvor schon hatte er den Materialwert aller Abzeichen, die sein Porträt trugen, in Kampfbomber umrechnen lassen und bitter über Verschwendung und Verluste geklagt. Der Preis für eine deutsche Erstausgabe des Werkes hat sich dagegen seit seinem Erscheinen um das Zweihundertfache gesteigert.

(Der Autor ist Schriftsteller, Herausgeber des ,,Kursbuches‘‘ und Sinologe.)
(SZ vom 16.12.2006)

Saturday, December 09, 2006

Im roten Bereich (FR)

Hintergrund
Im roten Bereich
VON VIKTOR FUNK

Vier Tage nach dem Mord an der Publizistin Anna Politkowskaja verkündete ein russischer Journalist: "Ich bin objektiv der Meinung", sagte Maxim Schewtschenko deutschen Kollegen in Dresden: "Wir sind das freieste Land der Welt." Der Mann ist Moderator des staatstreuen Ersten Kanals.

In diesem Land, in Russland, hat Grigori Pasko, ebenfalls Journalist, frei zu arbeiten versucht. Er deckte Ende der 90er Jahre auf, wie die russische Flotte Atommüll ins japanische Meer kippte. Er wurde dafür geehrt - und landete für vier Jahre im Gefängnis und im Arbeitslager.

Die lange Spurdes atomaren Gifts

Wie frei und demokratisch Russland sei, steht wieder zur Debatte seit jenem Tag im November, an dem in London der ehemalige russische Geheimdienst-Agent Alexander Litwinenko vergiftet wurde. Denn die Spur des atomaren Gifts in seinem Körper, Polonium 210, führt nach Russland. Öffentlich erklärte Litwinenko in einem englischen Journalistenclub nur wenige Tage vor seiner Vergiftung: Hinter dem Mord an Politkowskaja stehe der russische Präsident Wladimir Putin persönlich.

Wie viel Wahrheit in dieser gewagten Behauptung steckt, lässt sich wahrscheinlich nie klären. Für Grigori Pasko, der heute in Moskau lebt, ist der Fall komplizierter - und für Russlands Kritiker insgesamt vielleicht bedrohlicher. "Wir haben im Land solche Strukturen, dass bestimmte Kräfte jeden Beliebigen töten können und dabei wissen, dass es den Mächtigen gefallen wird." In jedem Fall aber haben sie nichts zu befürchten.

Pasko war zu Sowjetzeiten Militärjournalist in der Marine. Als das Reich der 15 Republiken zerfiel, wechselte er zur zivilen Presse und schrieb, was er im Militär sah, aber niemals durch die Militärzensur brachte: Wie die Armee zerfiel; wie russische Soldaten amerikanische Hilfspakete erhielten; wie im fernen Osten Waffenabfälle die Umwelt zerstörten; wie Atommüll im Meer landete. Seine Recherchen gingen um die Welt. Ende September 1997 empfing ihn der russische Geheimdienst am Flughafen von Wladiwostok, als er aus Japan zurückkehrte. Verhaftungsgrund und Anklage: Landesverrat, Paragraf 275 des russischen Strafgesetzbuches. Er soll Ausländern Staatsgeheimnisse verraten haben.

Er habe in den 90ern an die neuen, demokratischen Gesetze geglaubt. "Aber die Staatsorgane blieben eigentlich dieselben, besonders KGB, die Staatsanwaltschaft und die Gerichte", sagt Pasko jetzt im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau. Trotz internationaler Proteste war er mehr als eineinhalb Jahre in Untersuchungshaft. Dann kam er zwar bei einer Amnestie raus, doch die neue Freiheit dauerte kurz. Ende Dezember 2001 wurde er noch verurteilt - zu vier Jahren Arbeitslager strengster Kategorie.

Grigori Pasko
Grigori Michailowitsch Pasko wurde am 19. Mai 1962 in der Südukraine geboren. Sein Vater war Lehrer, die Mutter arbeitete in der Landwirtschaft. In Lwiw studierte er Journalistik an der Militärpolitischen Hochschule und arbeitete seit 1983 als Militärjournalist. Der KGB, heute FSB, beobachtete Pasko schon früh, weil er den Anwerbungsversuchen widerstand und auch kritische Themen nicht scheute. Wie die Marine Atommüll ins Meer kippte, filmte Pasko. Deswegen wurde er wegen Landesverrats verurteilt und saß insgesamt vier Jahr im Gefängnis und im Arbeitslager. Seine Erfahrungen in der Haft sind vor kurzem in Deutschland im Wallstein Verlag erschienen, Titel: "Die Rote Zone"

Während der Zeit im Gefängnis führte er ein Tagebuch. Im Lager durfte er keinen Stift anrühren. Erst später, mittlerweile vorzeitig entlassen, notierte er auch seine Erfahrungen im Lager. Vor wenigen Wochen ist das Buch "Die Rote Zone" in Deutschland erschienen - in Russland fand er für das Manuskript keinen Verleger. Wie das Buch seiner Kollegin und Bekannten Anna Politkowskaja: "In Putins Russland".

Mittlerweile, sagt Pasko, "ist es fast unmöglich geworden, kritische Meinungen von Oppositionspolitikern zu finden". Er lese "alle möglichen Medien", er spreche "mit vielen, vielen Menschen", daraus filtere er Informationen, die er für glaubwürdig halte. Dass der Großteil der russischen Presse vielfach nur die Meinungen der Staatsorgane wiederkäut, das hat er in der Zeit im Gefängnis gelernt. Seine eigene Meinung und Artikel heute zu veröffentlichen wird für ihn zunehmend schwierig. Er versucht es dennoch.

Mit Hilfe eines amerikanischen Fonds gibt er die Zeitschrift "Umwelt und Recht" heraus. Die Auflage ist bescheiden, 1000 Stück. Seine Arbeit werde durch Behörden erschwert. "Jederzeit kann verboten werden, in bestimmte Gegenden oder ins Ausland zu reisen. Jederzeit können Journalisten ins Gefängnis gesteckt oder sogar getötet werden." Zu ihm habe ein Angehöriger des Geheimdienstes FSB gesagt, an ihm wolle man ein Exempel statuieren. "Das ist ihnen gelungen", sagt Pasko, "über Atommüll im fernen Osten schreibt niemand mehr".

Nach Angaben der russischen Journalistenvereinigung starben zwischen 1992 und 2006 mehr als 210 Journalisten in Russland. Die meisten in der Zeit unter der Präsidentschaft Putins. Die Mörder laufen immer noch frei herum. Zahlreiche westliche Politiker behaupten hingegen, das Land werde durchaus demokratischer.

Pasko hatte früh eine Vorahnung, was unter dem früheren Spion - oder dem Aufklärer, wie Wladimir Putin sich zumindest selbst sieht - wohl geschehen würde. In seinem Buch schreibt er rückblickend: "Nachdem der KGB-Mann Putin an die Macht kam, wurde in Russland von offizieller Seite viel darüber geschrieben, wie gut, ja nahezu komfortabel es die Häftlinge heute in den Strafvollzugseinrichtungen haben." Über Pasko hieß es, er sei unter "Treibhausbedingungen", also in heimelig wohnlicher Umgebung einquartiert. Paskos Antwort darauf: "Ich wünsche mir aufrichtig, dass der betreffende Schreiberling einmal hinter Stacheldraht landet, wenigstens so lange und unter denselben Bedingungen wie ich."

Putins Suche nachunbedingter Loyalität

Seit Putin an der Macht ist, hat sich nicht nur das Image des russischen Militärs und der Geheimdienste positiv gewandelt. Schritt für Schritt baute der Präsident, der sich schon als Schüler auf einer Leningrader KGB-Stelle als Anwärter vorstellte, die Machtpyramide in Russland um. Die Soziologin Olga Kryschtanowskaja hat die Herrschaftsverhältnisses untersucht. Ihr Ergebnis: Putins steile Karriere kam auch für ihn so unverhofft, dass er als frisch gekürter Präsident schnell loyale Gefolgschaft brauchte. Für einen Militär- und Geheimdienstmann gibt es Loyalität aber nur in den eigenen Reihen - dem Sektor, der demokratische Diskussionen und Kritik von unten grundsätzlich nicht duldet.

Der inhaftierte ehemalige Öl-Oligarch Michail Chodorkowski sprach sich offen für einen Regimewechsel bei den Präsidentschaftswahlen 2008 aus. Der ehemalige Schachweltmeister Gary Kasparow kämpft immer noch dafür. Pasko sieht dem Ereignis nüchterner entgegen: "Es wird eine Show geben, bei der die Macht von einem KGB-Mann zum nächsten weitergereicht wird. Von demokratischen Wahlen kann keine Rede sein. Die gibt es bei uns schon lange nicht und wird es unter der derzeitigen Regierung auch nicht geben", sagt er.

Für ihn hat das schon jetzt ganz unmittelbare Folgen. Sein kritisches Blatt findet kaum Abnehmer. "Ich muss zusehen, wie ich meine Familie ernähre." Er hat vier Kinder aus zwei Ehen. Obwohl er bekannt ist und bei vielen Chefredakteuren anklopft, lehnen sie ab, berichtet er. "Sie sagen mir direkt ins Gesicht, warum: ,Sie haben einen gefährlichen Namen.'"