Bild dir zwei Meinungen (Tagesspiegel)
Bild dir zwei Meinungen
Der Axel-Springer-Verlag schreibt in Polen gegen die Deutschen und in Deutschland gegen die Polen.
Wie so oft hält der Fußball Analogien parat – sogar für das verminte Feld der deutsch-polnischen Beziehungen, auf dem sich auch der Axel-Springer-Verlag bewegt: So enthüllte Springers „Bild am Sonntag“ im Dezember vergangenen Jahres den „ersten WM-Skandal“, weil der damalige polnische Nationaltrainer Pawel Janas nach der Gruppenauslosung vermutet hatte, dass Deutschland nicht Weltmeister wird. Und das war, aus Sicht der „BamS“, eine Kollektivbeleidigung der Deutschen: „Polen-Trainer verhöhnt uns“, hieß es dort, denn Pawel Janas war der Meinung, dass „Deutschland keine Stars mehr hat, nur noch Ballack“. Anders fiel die Sicht auf Pawel Janas in Polen aus: „Fakt“, die größte polnische Tageszeitung, beschwerte sich gleichzeitig darüber, wie rüpelhaft die Deutschen doch mit „unserem Trainer“ umgehen. Zum Beweis druckte sie die „BamS“-Schlagzeile nach. Dabei gehören beide Blätter Springer, und bei der WM-Berichterstattung arbeiteten sie Hand in Hand.
Es bedurfte also nicht erst der Diskussionen um die Ausstellung der „Erzwungenen Wege“ oder Günter Grass als Beleg für die berechnenden wechselseitigen Schuldzuweisungen aus dem Hause Springer. So sagte der bekannte „Fakt“-Kolumnist Lukasz Warzecha, der dort täglich seinen „Brief von der Redaktion“ verfasst, im Gespräch mit dem Tagesspiegel: „Ich hätte mir im Leben nicht vorstellen können, für Deutsche zu arbeiten, aber mit dieser redaktionellen Linie ist das kein Problem.“ Zu dieser Linie gehört es, die Rückgabe der berühmten Schiffsglocke der „Wilhelm Gustloff“ zu fordern, die als polnisches Exponat in der Vertriebenenausstellung im Berliner Kronprinzenpalais steht. Oder den Auslandschef der „Berliner Zeitung“, Frank Herold, anzugreifen, weil der dem polnischen Premierminister Jaroslaw Kaczynski vorgeworfen hat, diese Ausstellung vereiteln zu wollen, ohne sie gesehen zu haben. „Man muss die Ausstellung von Erika Steinbach nicht anschauen, um zu erkennen, dass sie die Geschichte verkehrt und die Gefühle der Polen verletzt“, heißt es dort in einem Vierspalter neben einer Geschichte über Grass’ umstrittene Danziger Ehrenbürgerschaft. Beides wurde auch mit der Hilfe von Springer Polska zu einer einheitlichen antideutschen Debatte gebacken, mit der die rechtskonservative Regierungspartei PiS („Recht und Gerechtigkeit“) ihren Traum von einem nationalen Polen nährt. Und der Name des Premierministers und PiS-Chefs Jaroslaw Kaczynski taucht bei „Fakt“ so häufig in der Autorenzeile auf, dass es einen wundert, ihn nicht im Impressum zu finden.
Es bedarf auch keiner wissenschaftlichen Inhaltsanalyse, um den antideutschen Kurs von Springer in Polen zu belegen. Ein täglicher Blick in die Zeitung genügt: Da tauchen deutsche Kriegsschiffe an der deutsch-polnischen Ostseegrenze auf und landen prompt auf der Titelseite von Springers „Dziennik“: „Deutsche blockieren den Hafen von Swinemünde“. Dazu wird ein martialisch anmutendes Archivbild von einem deutschen Marinesoldaten am schussbereiten Bord-MG gezeigt. Ein ehemaliger polnischer Springer-Redakteur sagte dem Tagesspiegel dazu: „Natürlich wissen die in der Redaktion, was sie da machen, aber damit verdient Springer in Polen eben sehr viel Geld.“ Zu den regelmäßigen „Dziennik“-Autoren gehört auch der polnische Soziologe Zdislaw Krasnodebski, der an der Universität Bremen lehrt und auf einer ganzen Seite die These einer Verschwörung der Medien in Deutschland gegen die Polen vertrat.
In Deutschland wiederum zielen Springer-Zeitungen auf die Polen: „Angst vor den Klau-Polen“ hieß etwa eine Überschrift in der Ruhrgebietsausgabe der „Bild“-Zeitung vor dem Spiel in Dortmund zwischen Deutschland und Polen bei der Fußballweltmeisterschaft 2006. Dann folgte eine reißerische Geschichte darüber, dass sich der lokale Einzelhandel mit einer Armee von Kaufhausdetektiven verstärkt habe, um der gefährlichen Schar von polnischen Fans begegnen zu können.
Olaf Sundermeyer, Warschau
Der Axel-Springer-Verlag schreibt in Polen gegen die Deutschen und in Deutschland gegen die Polen.
Wie so oft hält der Fußball Analogien parat – sogar für das verminte Feld der deutsch-polnischen Beziehungen, auf dem sich auch der Axel-Springer-Verlag bewegt: So enthüllte Springers „Bild am Sonntag“ im Dezember vergangenen Jahres den „ersten WM-Skandal“, weil der damalige polnische Nationaltrainer Pawel Janas nach der Gruppenauslosung vermutet hatte, dass Deutschland nicht Weltmeister wird. Und das war, aus Sicht der „BamS“, eine Kollektivbeleidigung der Deutschen: „Polen-Trainer verhöhnt uns“, hieß es dort, denn Pawel Janas war der Meinung, dass „Deutschland keine Stars mehr hat, nur noch Ballack“. Anders fiel die Sicht auf Pawel Janas in Polen aus: „Fakt“, die größte polnische Tageszeitung, beschwerte sich gleichzeitig darüber, wie rüpelhaft die Deutschen doch mit „unserem Trainer“ umgehen. Zum Beweis druckte sie die „BamS“-Schlagzeile nach. Dabei gehören beide Blätter Springer, und bei der WM-Berichterstattung arbeiteten sie Hand in Hand.
Es bedurfte also nicht erst der Diskussionen um die Ausstellung der „Erzwungenen Wege“ oder Günter Grass als Beleg für die berechnenden wechselseitigen Schuldzuweisungen aus dem Hause Springer. So sagte der bekannte „Fakt“-Kolumnist Lukasz Warzecha, der dort täglich seinen „Brief von der Redaktion“ verfasst, im Gespräch mit dem Tagesspiegel: „Ich hätte mir im Leben nicht vorstellen können, für Deutsche zu arbeiten, aber mit dieser redaktionellen Linie ist das kein Problem.“ Zu dieser Linie gehört es, die Rückgabe der berühmten Schiffsglocke der „Wilhelm Gustloff“ zu fordern, die als polnisches Exponat in der Vertriebenenausstellung im Berliner Kronprinzenpalais steht. Oder den Auslandschef der „Berliner Zeitung“, Frank Herold, anzugreifen, weil der dem polnischen Premierminister Jaroslaw Kaczynski vorgeworfen hat, diese Ausstellung vereiteln zu wollen, ohne sie gesehen zu haben. „Man muss die Ausstellung von Erika Steinbach nicht anschauen, um zu erkennen, dass sie die Geschichte verkehrt und die Gefühle der Polen verletzt“, heißt es dort in einem Vierspalter neben einer Geschichte über Grass’ umstrittene Danziger Ehrenbürgerschaft. Beides wurde auch mit der Hilfe von Springer Polska zu einer einheitlichen antideutschen Debatte gebacken, mit der die rechtskonservative Regierungspartei PiS („Recht und Gerechtigkeit“) ihren Traum von einem nationalen Polen nährt. Und der Name des Premierministers und PiS-Chefs Jaroslaw Kaczynski taucht bei „Fakt“ so häufig in der Autorenzeile auf, dass es einen wundert, ihn nicht im Impressum zu finden.
Es bedarf auch keiner wissenschaftlichen Inhaltsanalyse, um den antideutschen Kurs von Springer in Polen zu belegen. Ein täglicher Blick in die Zeitung genügt: Da tauchen deutsche Kriegsschiffe an der deutsch-polnischen Ostseegrenze auf und landen prompt auf der Titelseite von Springers „Dziennik“: „Deutsche blockieren den Hafen von Swinemünde“. Dazu wird ein martialisch anmutendes Archivbild von einem deutschen Marinesoldaten am schussbereiten Bord-MG gezeigt. Ein ehemaliger polnischer Springer-Redakteur sagte dem Tagesspiegel dazu: „Natürlich wissen die in der Redaktion, was sie da machen, aber damit verdient Springer in Polen eben sehr viel Geld.“ Zu den regelmäßigen „Dziennik“-Autoren gehört auch der polnische Soziologe Zdislaw Krasnodebski, der an der Universität Bremen lehrt und auf einer ganzen Seite die These einer Verschwörung der Medien in Deutschland gegen die Polen vertrat.
In Deutschland wiederum zielen Springer-Zeitungen auf die Polen: „Angst vor den Klau-Polen“ hieß etwa eine Überschrift in der Ruhrgebietsausgabe der „Bild“-Zeitung vor dem Spiel in Dortmund zwischen Deutschland und Polen bei der Fußballweltmeisterschaft 2006. Dann folgte eine reißerische Geschichte darüber, dass sich der lokale Einzelhandel mit einer Armee von Kaufhausdetektiven verstärkt habe, um der gefährlichen Schar von polnischen Fans begegnen zu können.
Olaf Sundermeyer, Warschau
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