Knaller an der Zeitungsfront

Wednesday, May 30, 2007

DIE ANTI-G-8-BEWEGUNG (taz)

DIE ANTI-G-8-BEWEGUNG AUF EINEN BLICK
Eine sehr bunte Truppe, die hinter den G-8-Protesten steht. Und eine ziemlich unübersichtliche. Parteien sind ebenso Teil der Bewegung wie Linksautonome, Kirchen oder Umweltgruppen. Eine grafische Momentaufnahme des Wirrwarrs kurz vor Beginn des Gipfels in Heiligendamm


Trotzkisten

Besondere Erkennungszeichen auf Demos: Auftreten in Reih und Glied, mit einheitlichen Demo-Schildern und klaren Antworten auf komplizierte Fragen. Aktionsschwerpunkte der trotzkistischen Gruppen in den vergangenen Jahren: zunächst der Versuch, Attac zu unterwandern, später dann die WASG. Die Gruppe Linksruck hat sich aufgelöst und ist in der neuen Linkspartei aufgegangen. Die sozialistische Alternative Voran (SAV) plant den Aufbau einer neuen Linksalternative. Beide pflegen gute Kontakte zu globalisierungskritischen Trotzkisten im Ausland.


Dissent

In diesem Netzwerk tummeln sich die ganz Radikalen: Altautonome, Neuanarchos, WagenburgbewohnerInnen, Hausbesetzer, Frauen-/Lesben-Gruppen und Antifas. Sie sind mal mehr, mal weniger organisiert, für den G-8-Protest aber unverzichtbarer Bestandteil. Aus dem Dissent-Netzwerk kommen die Leute, die für den wildromantischen Widerstandsflair sorgen, Volksküchen, Ökoklos und Bongo-Mucke inklusive. Das herrschende System lehnen sie ab, Hierarchien weitgehend auch. Ihre Plena sind basisdemokratisch organisiert, von den NGOs und Attac halten sie nicht viel. Ihr Aktionsschwerpunkt: die angekündigten und auch nicht angekündigten Blockaden.


Kirche von unten

Die Kirchen waren die Ersten in Deutschland, die sich mit den negativen Auswirkungen von Globalisierung in Deutschland beschäftigt haben. Brot für die Welt, Frieden auf Erden, Aidshilfe - viele der heutigen Attac-Protagonisten waren da noch nicht geboren. Das Dilemma in diesem Jahr: Zeitgleich zum G-8-Gipfel findet in Köln der Evangelische Kirchentag statt. Für die Landeskirche Mecklenburg dennoch keine schwere Entscheidung, wo die Prioritäten liegen: Sie ruft ihre Mitglieder zur Teilnahme an Aktionen in Rostock und Heiligendamm auf. Ihre Protestmittel: Lichterketten und - beten.


Interventionistische Linke
Aus Furcht, im Großbündnis gegen den G-8-Gipfel unterzugehen, haben sich linksradikale Gruppen und Einzelpersonen bereits vor zwei Jahren zum Netzwerk Interventionistische Linke (IL) zusammengeschlossen. Von einigen Autonomen und Anarchos misstrauisch beäugt, gibt es zum Teil personelle Überschneidungen mit Attac und linken NGOs. Weil die IL zugleich in der radikalen linken Szene fest verankert ist, kann man sie als radikal-reformerisches Netzwerk bezeichnen. Die IL organisiert die öffentlichen Blockaden (http://www.block-g8.org/) und gibt die Zeitung G8 Extra heraus.


Die NGOs
40 Nichtregierungsorganisationen vom Aktionsbündnis gegen Aids über Greenpeace bis zum Weltfriedensdienst haben sich zur NGO-Plattform zusammengeschlossen. Neben der Teilnahme an der großen Auftaktdemo am 2. Juni in Rostock organisieren die Gruppen und Verbände vor allem den Alternativgipfel in Rostock, der zeitgleich zum G-8-Gipfel stattfindet. Was die NGOs von den radikalen Gruppen unterscheidet: Sie reden mit den Staatschefs, stellen konkrete Forderungen und erkennen damit den G-8-Gipfel an. Nur der Gewerkschaftsbund ruft offiziell nicht zu den Protesten auf. Man könne nicht im Tagungshotel sitzen und zugleich am Zaun rütteln, lautet die Begründung. Linke Gewerkschafter und vor allem die Gewerkschaftsjugend wollen trotzdem blockieren - wahrscheinlich ihre eigenen Chefs.
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Parteien
Der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler ist zwar inzwischen Attac-Mitglied, doch auch er weiß, mehr Unions-Mitglieder wird er deshalb nicht zum G-8-Protest bewegen. Eigentlich auch kein Wunder. Mehr schon, dass sich die Grünen genauso schwertun, den G-8-Protest zu unterstützen. Zwar bekräftigt die Parteispitze, Teil der Bewegung zu sein, den Aufruf des Aktionsbündnisses wollte Grünen-Chefin Claudia Roth aber nicht unterzeichnen. Da hat die Linkspartei mehr Mumm. Vor allem finanziell beteiligt sie sich am Widerstand.

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