Knaller an der Zeitungsfront

Monday, April 02, 2007

Die Zukunft im DFB-Tor (frankfurter rundschau)

Kommentar
Die Zukunft im DFB-Tor
VON JAN CHRISTIAN MÜLLER

Der Mainzer Manager Christian Heidel verfolgt die Heimspiele seiner Mannschaft traditionell etwas schräg hinterm Tor des jeweiligen Gegners. So kam es, dass Heidel in der 27. Minute schon die Arme in die Luft gerissen hatte, als Stürmer Mohamed Zidan mit seinem harten Schuss genau den Winkel des Tors von Bayer Leverkusen anvisisiert hatte. Doch dort schlug der Ball nie ein. Stattdessen wurde Heidel Zeuge eines fliegenden Menschen, der bezeichnenderweise Adler heißt: René Adler. Mit links beförderte dieser René Adler den Ball um den Pfosten. Heidel blieb die Spucke weg: "Unglaublich, wie der den Ball gehalten hat. Der kam aus dem Nichts angeflogen. Da haben die Leverkusener ein Juwel im Kasten stehen. Der Junge hat die Ruhe weg."

22 Jahre alt ist René Adler und damit 14 Monate älter als der vergangene Woche gerade 21 Jahre alt gewordene Schalker Manuel Neuer. Schwer zu sagen, wer von beiden der bessere Torwart ist. Adler, der Ex-Nationaltorwart Jörg Butt verdrängte, erst fünf Bundesligaspiele hinter sich hat und dennoch laut seinem Trainer Michael Skibbe "in der Mannschaft schon etabliert ist". Oder Manuel Neuer, der für den Abschied von Frank Rost nach Hamburg sorgte und nach 20 Bundesligaspielen den Nachweis herausragender Klasse längst erbracht hat. Zuletzt in der U 21 trat Neuer so eindrucksvoll auf, dass DFB-Sportdirektor Matthias Sammer sich vor Begeisterung kaum noch einkriegte und dem Milchgesicht aus Gelsenkirchen "fast schon Weltklasse" attestierte.

Adler und Neuer sind beide über 1,90 Meter groß und präsentieren ein hoch modernes, extrem offensives Torwartspiel mit präzisen und harten Abwürfen, an das kein anderer deutscher Keeper derzeit heranreicht. Auch nicht Nationaltorwart Jens Lehmann, auch nicht dessen aktuelle Stellvertreter Timo Hildebrand und Robert Enke (denen im Vergleich zu Adler und Neuer auch fünf, sechs Zentimeter Körpergröße fehlen). Zwar hat Lehmann kürzlich angedeutet, er könnte sich eine Nationalmannschaftskarriere bis 2010 eventuell vorstellen, zwar hat Enke just ein gutes Debüt im Nationaltrikot gefeiert, zwar hat sich Hildebrand nach einem Tief in der Hinrunde wieder gefangen. Aber wenn die Meriten der Vergangenheit nicht zählen würden, müsste Bundestrainer Joachim Löw schon sehr bald Adler und Neuer als Nummer eins und Nummer zwei in den Kader berufen. Oder umgekehrt. Aber so mutig ist selbst Löw vermutlich nicht.

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