Pinke Schminke und spitze Witze
(10.02.2007)
Pinke Schminke und spitze Witze
Leggins, Locken und ein großes Ego – das ist Cindy aus Marzahn. Im Quatsch Comedy Club tritt sie auf
Von Sebastian Leber
Es soll niemand behaupten, in Marzahn könne man keinen Spaß haben. Cindy hat ihn nämlich. Zusammen mit ihren Busenfreundinnen Britney Schulze, Naomi Krüger und Jennifer Lopinski alias J.Lo. Den Türsteher Enrico, ihren absoluten Traumtypen, hat sie auch in Marzahn kennengelernt. Obwohl die Beziehung rückblickend gar nicht so spaßig war, der Kerl hat irgendwann mit Peggy geschlafen. Warum? Weiß ich nicht, sagt Cindy. Der Zuschauer hat eine leise Ahnung.
Ihre ersten Lacher kassiert Cindy auf der Bühne schon, bevor sie in Reichweite des Mikrofons kommt. Weil die füllige Cindy unbestreitbar komisch aussieht: die blondierten Ringellocken, die tigergemusterten Leggins und die pinke Schminke, der Witz erklärt sich von selbst. Sie ist die Cindy aus Marzahn. Seit zwei Jahren tritt sie im Kabarett auf, inzwischen auch im Fernsehen. Dort erklärt sie, wie das Leben in ihrem Bezirk abläuft. Heute und morgen ist sie mit drei anderen Comedians im Quatsch Comedy Club in der Friedrichsstraße zu Gast.
In Wirklichkeit heißt Cindy ja Ilka Bessin. Sie ist 35, lebt nicht in Marzahn, sondern in Wilmersdorf. Am Freitagmittag im Café am Fehrbelliner Platz trägt sie kein Pink, sie sitzt ganz in Schwarz gekleidet vor einer Tasse Tee. Die blonden Locken fehlen auch, die gehören zu einer Perücke, Bessins echte Haare sind glatt und dunkler. Nein, sagt sie, sie hat nie in Marzahn gelebt. Aber immerhin ist sie im brandenburgischen Luckenwalde aufgewachsen, jetzt nicht direkt in einem Plattenbau, aber in einem sechsstöckigen Hochhaus. Und ihre Eltern wohnen immer noch da.
Bessins Figur Cindy ist arbeitslos, seit zwölf Jahren schon. Sie mag Hunde, vor allem Pitbulls, Mastinos und „was sonst noch so auf Spielplätzen rumläuft“. Und sie findet, dass Männer in Liebesdingen mehr Verantwortung übernehmen sollten. Sie müssen ja nicht gleich an die Verhütung denken. Aber zumindest die Abtreibungen könnten sie ruhig bezahlen.
Bessin sagt, sie wolle sich nicht über die Marzahner lustig machen. Und dass ihre Cindy nicht nur schrecklich, sondern auch liebenswert sei. „Die Frau glaubt an sich. Sie glaubt, dass sie singen und tanzen kann und dass sie gut aussieht.“ Und das wichtigste im Leben, das meint Bessin jetzt ausnahmsweise ganz ernst, sei doch, dass man Träume hat und dafür kämpft. Sie selbst war früher Köchin, dann Kellnerin, irgendwann Geschäftsführerin einer Potsdamer Diskothek. Und Animateurin auf einem Clubschiff. Später war Bessin drei Jahre arbeitslos. Bis sie im Quatsch Comedy Club anrief. Sie sei ziemlich lustig und wolle auftreten, erzählte sie denen am Telefon. Man hat ihr sofort geglaubt. Und da sie gerade im Fernsehen gesehen hatte, wie der Berliner Komiker Kurt Krömer einen Witz über eine gewisse Shakira aus Hohenschönhausen gemacht hatte, kam ihr die Idee mit Cindy aus Marzahn. Den Rest hat sie sich beim Kaffeetrinken in der Küche ausgedacht.
Falls sie sich überhaupt über jemanden lustig mache, dann über sich selbst, sagt Bessin. Und über ihr Übergewicht. „Alzheimer Bulimie“ steht auf ihrem Pulli. Diese Krankheit habe man, erklärt sie, wenn man den ganzen Tag esse und abends vergesse, sich zu übergeben. Als sie voriges Jahr bei Stefan Raab zu Gast war, ausgerechnet in der Sendung nach dem Finale von „Germany’s Next Top Model“, behauptete Cindy vor vier Millionen Zuschauern, dass sie sich selbst auch bei Heidi Klums Modelshow beworben habe. Und dass man sie abgelehnt habe. Weil sie zu klein sei. Seitdem wird Bessin auch von anderen Sendern gebucht.
Dass sie „abends als dicke, pinkfarbene Frau auf der Bühne“ stehe, bedeute aber nicht, dass sie tagsüber gegen Witze über ihr Gewicht immun sei. Ja, es gebe Menschen, die es nicht gut mit ihr meinten. Das seien aber keine Marzahner. Von denen bekommt sie nach eigener Aussage überwiegend positive Rückmeldungen. Zum Beispiel Sätze wie: „Meine Nachbarin sieht genauso aus.“ Nur eine Marzahnerin, die sich bei Bessin gemeldet hatte, kann über das Programm gar nicht lachen. Die Frau heißt Cindy mit Vornamen und muss sich in letzter Zeit einiges anhören.
Pinke Schminke und spitze Witze
Leggins, Locken und ein großes Ego – das ist Cindy aus Marzahn. Im Quatsch Comedy Club tritt sie auf
Von Sebastian Leber
Es soll niemand behaupten, in Marzahn könne man keinen Spaß haben. Cindy hat ihn nämlich. Zusammen mit ihren Busenfreundinnen Britney Schulze, Naomi Krüger und Jennifer Lopinski alias J.Lo. Den Türsteher Enrico, ihren absoluten Traumtypen, hat sie auch in Marzahn kennengelernt. Obwohl die Beziehung rückblickend gar nicht so spaßig war, der Kerl hat irgendwann mit Peggy geschlafen. Warum? Weiß ich nicht, sagt Cindy. Der Zuschauer hat eine leise Ahnung.
Ihre ersten Lacher kassiert Cindy auf der Bühne schon, bevor sie in Reichweite des Mikrofons kommt. Weil die füllige Cindy unbestreitbar komisch aussieht: die blondierten Ringellocken, die tigergemusterten Leggins und die pinke Schminke, der Witz erklärt sich von selbst. Sie ist die Cindy aus Marzahn. Seit zwei Jahren tritt sie im Kabarett auf, inzwischen auch im Fernsehen. Dort erklärt sie, wie das Leben in ihrem Bezirk abläuft. Heute und morgen ist sie mit drei anderen Comedians im Quatsch Comedy Club in der Friedrichsstraße zu Gast.
In Wirklichkeit heißt Cindy ja Ilka Bessin. Sie ist 35, lebt nicht in Marzahn, sondern in Wilmersdorf. Am Freitagmittag im Café am Fehrbelliner Platz trägt sie kein Pink, sie sitzt ganz in Schwarz gekleidet vor einer Tasse Tee. Die blonden Locken fehlen auch, die gehören zu einer Perücke, Bessins echte Haare sind glatt und dunkler. Nein, sagt sie, sie hat nie in Marzahn gelebt. Aber immerhin ist sie im brandenburgischen Luckenwalde aufgewachsen, jetzt nicht direkt in einem Plattenbau, aber in einem sechsstöckigen Hochhaus. Und ihre Eltern wohnen immer noch da.
Bessins Figur Cindy ist arbeitslos, seit zwölf Jahren schon. Sie mag Hunde, vor allem Pitbulls, Mastinos und „was sonst noch so auf Spielplätzen rumläuft“. Und sie findet, dass Männer in Liebesdingen mehr Verantwortung übernehmen sollten. Sie müssen ja nicht gleich an die Verhütung denken. Aber zumindest die Abtreibungen könnten sie ruhig bezahlen.
Bessin sagt, sie wolle sich nicht über die Marzahner lustig machen. Und dass ihre Cindy nicht nur schrecklich, sondern auch liebenswert sei. „Die Frau glaubt an sich. Sie glaubt, dass sie singen und tanzen kann und dass sie gut aussieht.“ Und das wichtigste im Leben, das meint Bessin jetzt ausnahmsweise ganz ernst, sei doch, dass man Träume hat und dafür kämpft. Sie selbst war früher Köchin, dann Kellnerin, irgendwann Geschäftsführerin einer Potsdamer Diskothek. Und Animateurin auf einem Clubschiff. Später war Bessin drei Jahre arbeitslos. Bis sie im Quatsch Comedy Club anrief. Sie sei ziemlich lustig und wolle auftreten, erzählte sie denen am Telefon. Man hat ihr sofort geglaubt. Und da sie gerade im Fernsehen gesehen hatte, wie der Berliner Komiker Kurt Krömer einen Witz über eine gewisse Shakira aus Hohenschönhausen gemacht hatte, kam ihr die Idee mit Cindy aus Marzahn. Den Rest hat sie sich beim Kaffeetrinken in der Küche ausgedacht.
Falls sie sich überhaupt über jemanden lustig mache, dann über sich selbst, sagt Bessin. Und über ihr Übergewicht. „Alzheimer Bulimie“ steht auf ihrem Pulli. Diese Krankheit habe man, erklärt sie, wenn man den ganzen Tag esse und abends vergesse, sich zu übergeben. Als sie voriges Jahr bei Stefan Raab zu Gast war, ausgerechnet in der Sendung nach dem Finale von „Germany’s Next Top Model“, behauptete Cindy vor vier Millionen Zuschauern, dass sie sich selbst auch bei Heidi Klums Modelshow beworben habe. Und dass man sie abgelehnt habe. Weil sie zu klein sei. Seitdem wird Bessin auch von anderen Sendern gebucht.
Dass sie „abends als dicke, pinkfarbene Frau auf der Bühne“ stehe, bedeute aber nicht, dass sie tagsüber gegen Witze über ihr Gewicht immun sei. Ja, es gebe Menschen, die es nicht gut mit ihr meinten. Das seien aber keine Marzahner. Von denen bekommt sie nach eigener Aussage überwiegend positive Rückmeldungen. Zum Beispiel Sätze wie: „Meine Nachbarin sieht genauso aus.“ Nur eine Marzahnerin, die sich bei Bessin gemeldet hatte, kann über das Programm gar nicht lachen. Die Frau heißt Cindy mit Vornamen und muss sich in letzter Zeit einiges anhören.
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