Wer dreht als Nächste durch? (taz)
1.09.2007 Schrift
die wahrheit
Wer dreht als Nächste durch?
Erst will Susan Stahnke Görings Frau spielen, dann lobt Eva Herman die Familienpolitik der Nazis. Offenbar sind die Sprecherinnen der "Tagesschau" besonders gefährdet. VON MICHAEL RINGEL
Große Sorgen macht sich der NDR derzeit um seine "Tagesschau"-Sprecherinnen. Offenbar breitet sich unter den Sprecherinnen der meistgesehenen Nachrichtensendung des deutschen Fernsehens immer wieder ein Virus aus, das intern nur GröNaZ genannt wird: Plötzlich halten sich ganz gewöhnliche Fernsehsprecherinnen für die "Größte Nachrichtensprecherin aller Zeiten".
Die Krankheit nimmt immer den gleichen Verlauf: Eine Sprecherin beginnt als zurückhaltende und hinter dem Nachrichtentext verschwindende Ableserin. Doch urplötzlich brechen aus ihr größenwahnsinnige Ideen hervor, und es verlangt sie nach mehr Scheinwerferlicht. Der NDR versucht seit langem, seine Nachrichtendamen gegen dieses Virus zu impfen, indem er sie zusätzlich zu ihrer Haupttätigkeit völlig unerhebliche Shows und Magazine in dritten Programmen moderieren lässt. Hauptsache, die Damen dürfen einmal ihren Unterleib ins Rotlicht der Kameras halten. Bei den meisten scheint die Immunisierung auch zu fruchten. In den vergangenen Jahren allerdings erkrankten gleich zwei der populärsten Gesichter der "Tagesschau" an dem GröNaZ-Virus.
Alles fing an, als es Susan Stahnke nicht mehr genügte, am Nachrichtenschreibtisch zu arbeiten. Konsequent stieg sie den Karriereast hinab und geriet in die Fänge der Kommerzsender. So musste sie beispielsweise in einem Dschungelcamp als Beleidigte vom Dienst anschaffen gehen. Und als hätten die Zuschauer nicht schon genug gesehen von ihren Innereien, ließ sie auch noch eine öffentliche Darmspiegelung an sich vornehmen. Spätestens jetzt war Susan Stahnke endgültig ganz unten angelangt. Dabei hatte alles begonnen mit einer Vision: Sie wollte nach Hollywood, wo sie angeblich in einem Spielfilm die Ehefrau von Hermann Göring darstellen sollte. Ein Plan, der sich zum Glück zerschlug.
Eva Herman war der zweite Fall, bei dem der tückische Erreger auf die ARD-aktuell-Redaktion übergriff. Schon im vergangenen Jahr wurde sie vom Norddeutschen Rundfunk aus dem Nachrichtenteam entfernt, weil sie in ihrem Buch "Das Eva-Prinzip" aberwitzig reaktionäre Thesen aufkochte. Mit ihrem soeben erschienenen Buch "Das Arche-Noah-Prinzip" trat sie endgültig ins braune Näpfchen, als sie bei der Buchpräsentation die Familienpolitik der Nationalsozialisten lobte. Es fehlte nicht viel, und Eva Herman hätte verlangt, ihre NDR-Talkshow umzubenennen in "Göring & Tietjen". Der NDR entließ sie prompt. Alles ein Missverständnis, schrie die Ertappte gleich auf und folgte dem neuerdings überall üblichen Werbekonzept: erst ein Tabu verletzen, dann zurückrudern, um sich in einer Opferrolle einzurichten. Sie habe überhaupt keine extremen Ansichten und distanziere sich von der Nazipolitik et cetera pp.
In den nächsten Tagen wird sie dann durch die Medien ziehen und behaupten, die bösen 68er und die von ihnen in Deutschland eingeführte "Politische Korrektheit" würden die von ihr angesprochenen Wahrheiten verhindern wollen. Unterstützt wird sie dann vom üblichem unappetitlichen Mix aus Bild, junger Freiheit und artverwandten Randpolitikern, die eine Scheindebatte führen unter der Schlagzeile "Ganz Deutschland diskutiert: Sagt Eva Herman doch die Wahrheit?". Und die Damen und Herren des widerlichen Pendo-Verlags, in dem das Herman-Buch erschienen ist, reiben sich die Hände vor lauter Vorfreude auf die Gelder, die durch das Schmierentheater in ihre Kassen fließen werden.
Beim NDR fragt man sich inzwischen besorgt: Wer ist die nächste "Tagesschau"-Sprecherin, die durchdreht? Welche der vier Sprecherinnen der Hauptausgabe wird dem Virus als Nächste erliegen? Die robuste Ellen Arnhold, die kühle Susanne Daubner, die feingeistige Laura Dünnwald oder die bodenständige Caroline Hamann? Angeblich stehen die vier schon unter verschärfter Beobachtung, damit bereits beim ersten Anflug eines Virusbefalls sofort eingegriffen werden kann.
Als erstes Symptom gilt, wenn die Befallene sich zu Themen äußert, zu denen sie besser die Klappe halten sollte. Was zunächst als kleiner Ausrutscher gewertet wird, zieht meist einen rasend schnellen Krankheitsverlauf nach sich: Das Denkvermögen wird stark eingeschränkt, aber auch der emotionale Teil des Gehirns schaltet sich ab. Nur so lässt sich zum Beispiel der wahnwitzige Umgang einer Eva Herman mit dem Thema "Mütter während der Nazizeit" erklären. Die neue nationale Mütterexpertin blendet jüdische Mütter einfach aus, die als Folge der nationalsozialistischen Mütterpolitik zwischen 1933 und 1945 ihre Söhne und Töchter auf grausame Weise verloren haben. An solchen Punkten des Krankheitsverlaufs merkt man, dass das GröNaZ-Virus zu völliger geistiger Verwahrlosung führt.
Die einzige Aufgabe einer Nachrichtensprecherin ist es, Nachrichten korrekt vom Blatt oder vom Teleprompter abzulesen. Dass vom Größenwahn ergriffene Fernsehfrauen neuerdings politisch-historische Debatten bestimmen, muss man als Form eines gesamtgesellschaftlichen Wahnsinns verstehen. Diesen Wahn zu ignorieren oder die Damen zu Parias zu erklären hilft leider überhaupt nicht. Das Einzige, was wohl hilft, ist, dass ein zuständiger NDR-Verantwortlicher beim nächsten Fall hingeht und die betreffende Person kurzerhand links und rechts ohrfeigt. Vielleicht wacht sie ja dann auf
die wahrheit
Wer dreht als Nächste durch?
Erst will Susan Stahnke Görings Frau spielen, dann lobt Eva Herman die Familienpolitik der Nazis. Offenbar sind die Sprecherinnen der "Tagesschau" besonders gefährdet. VON MICHAEL RINGEL
Große Sorgen macht sich der NDR derzeit um seine "Tagesschau"-Sprecherinnen. Offenbar breitet sich unter den Sprecherinnen der meistgesehenen Nachrichtensendung des deutschen Fernsehens immer wieder ein Virus aus, das intern nur GröNaZ genannt wird: Plötzlich halten sich ganz gewöhnliche Fernsehsprecherinnen für die "Größte Nachrichtensprecherin aller Zeiten".
Die Krankheit nimmt immer den gleichen Verlauf: Eine Sprecherin beginnt als zurückhaltende und hinter dem Nachrichtentext verschwindende Ableserin. Doch urplötzlich brechen aus ihr größenwahnsinnige Ideen hervor, und es verlangt sie nach mehr Scheinwerferlicht. Der NDR versucht seit langem, seine Nachrichtendamen gegen dieses Virus zu impfen, indem er sie zusätzlich zu ihrer Haupttätigkeit völlig unerhebliche Shows und Magazine in dritten Programmen moderieren lässt. Hauptsache, die Damen dürfen einmal ihren Unterleib ins Rotlicht der Kameras halten. Bei den meisten scheint die Immunisierung auch zu fruchten. In den vergangenen Jahren allerdings erkrankten gleich zwei der populärsten Gesichter der "Tagesschau" an dem GröNaZ-Virus.
Alles fing an, als es Susan Stahnke nicht mehr genügte, am Nachrichtenschreibtisch zu arbeiten. Konsequent stieg sie den Karriereast hinab und geriet in die Fänge der Kommerzsender. So musste sie beispielsweise in einem Dschungelcamp als Beleidigte vom Dienst anschaffen gehen. Und als hätten die Zuschauer nicht schon genug gesehen von ihren Innereien, ließ sie auch noch eine öffentliche Darmspiegelung an sich vornehmen. Spätestens jetzt war Susan Stahnke endgültig ganz unten angelangt. Dabei hatte alles begonnen mit einer Vision: Sie wollte nach Hollywood, wo sie angeblich in einem Spielfilm die Ehefrau von Hermann Göring darstellen sollte. Ein Plan, der sich zum Glück zerschlug.
Eva Herman war der zweite Fall, bei dem der tückische Erreger auf die ARD-aktuell-Redaktion übergriff. Schon im vergangenen Jahr wurde sie vom Norddeutschen Rundfunk aus dem Nachrichtenteam entfernt, weil sie in ihrem Buch "Das Eva-Prinzip" aberwitzig reaktionäre Thesen aufkochte. Mit ihrem soeben erschienenen Buch "Das Arche-Noah-Prinzip" trat sie endgültig ins braune Näpfchen, als sie bei der Buchpräsentation die Familienpolitik der Nationalsozialisten lobte. Es fehlte nicht viel, und Eva Herman hätte verlangt, ihre NDR-Talkshow umzubenennen in "Göring & Tietjen". Der NDR entließ sie prompt. Alles ein Missverständnis, schrie die Ertappte gleich auf und folgte dem neuerdings überall üblichen Werbekonzept: erst ein Tabu verletzen, dann zurückrudern, um sich in einer Opferrolle einzurichten. Sie habe überhaupt keine extremen Ansichten und distanziere sich von der Nazipolitik et cetera pp.
In den nächsten Tagen wird sie dann durch die Medien ziehen und behaupten, die bösen 68er und die von ihnen in Deutschland eingeführte "Politische Korrektheit" würden die von ihr angesprochenen Wahrheiten verhindern wollen. Unterstützt wird sie dann vom üblichem unappetitlichen Mix aus Bild, junger Freiheit und artverwandten Randpolitikern, die eine Scheindebatte führen unter der Schlagzeile "Ganz Deutschland diskutiert: Sagt Eva Herman doch die Wahrheit?". Und die Damen und Herren des widerlichen Pendo-Verlags, in dem das Herman-Buch erschienen ist, reiben sich die Hände vor lauter Vorfreude auf die Gelder, die durch das Schmierentheater in ihre Kassen fließen werden.
Beim NDR fragt man sich inzwischen besorgt: Wer ist die nächste "Tagesschau"-Sprecherin, die durchdreht? Welche der vier Sprecherinnen der Hauptausgabe wird dem Virus als Nächste erliegen? Die robuste Ellen Arnhold, die kühle Susanne Daubner, die feingeistige Laura Dünnwald oder die bodenständige Caroline Hamann? Angeblich stehen die vier schon unter verschärfter Beobachtung, damit bereits beim ersten Anflug eines Virusbefalls sofort eingegriffen werden kann.
Als erstes Symptom gilt, wenn die Befallene sich zu Themen äußert, zu denen sie besser die Klappe halten sollte. Was zunächst als kleiner Ausrutscher gewertet wird, zieht meist einen rasend schnellen Krankheitsverlauf nach sich: Das Denkvermögen wird stark eingeschränkt, aber auch der emotionale Teil des Gehirns schaltet sich ab. Nur so lässt sich zum Beispiel der wahnwitzige Umgang einer Eva Herman mit dem Thema "Mütter während der Nazizeit" erklären. Die neue nationale Mütterexpertin blendet jüdische Mütter einfach aus, die als Folge der nationalsozialistischen Mütterpolitik zwischen 1933 und 1945 ihre Söhne und Töchter auf grausame Weise verloren haben. An solchen Punkten des Krankheitsverlaufs merkt man, dass das GröNaZ-Virus zu völliger geistiger Verwahrlosung führt.
Die einzige Aufgabe einer Nachrichtensprecherin ist es, Nachrichten korrekt vom Blatt oder vom Teleprompter abzulesen. Dass vom Größenwahn ergriffene Fernsehfrauen neuerdings politisch-historische Debatten bestimmen, muss man als Form eines gesamtgesellschaftlichen Wahnsinns verstehen. Diesen Wahn zu ignorieren oder die Damen zu Parias zu erklären hilft leider überhaupt nicht. Das Einzige, was wohl hilft, ist, dass ein zuständiger NDR-Verantwortlicher beim nächsten Fall hingeht und die betreffende Person kurzerhand links und rechts ohrfeigt. Vielleicht wacht sie ja dann auf
0 Comments:
Post a Comment
<< Home